Digitale Agenda: Bürger-Engagement per Klick und Drop

In Deutschland sind 23 Millionen Bürger ehrenamtlich tätig. 130.000 bei den evangelischen Kirchen, 80.000 beim THW, 24.000 bei der Feuerwehr im realen Leben – und 5000 bei Wikipedia. Da ist noch Raum für digitales bürgerschaftliches Engagement. Oder?

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 11 Kommentare lesen
Bürgerschaftliches Engagement per Klick und Drop

(Bild: heise online/Detlef Borchers)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Detlef Borchers

Nach der ersten Diskussionsrunde mit Datenschützern im Rahmen der Digitalen Agenda lud Bundesinnenminister Thomas de Maizière am Montag die Bevölkerungsschützer, Kirchen und weitere Bewegte zur Diskussion über digitales bürgerschaftliches Engagement ein. Höhepunkt der Veranstaltung bildete die Ankündigung des Staatssekretärs Ralf Kleindiek vom Familienministerium, demnächst ein freiwilliges digitales Jahr unter dem Kürzel FSJ-digital anzubieten. Mit ihm sollen junge Menschen ihre Fertigkeiten und Fähigkeiten im Umgang und in der Anwendung von neuen Medien in den Dienst von gemeinnützigen Einrichtungen stellen.

Die zweite Diskussionrunde der Digitalen Agenda, die diesmal von der "Weltöffentlichkeit" (so Thomas de Maizière) nur im Stream verfolgt werden konnte, begann etwas zäh. Der Bundesinnenminister fragte, ob vielleicht eine Suchmaschine zum "Ehrenamt im Internet" gebraucht würde, doch dieses wurde von den Beteiligten nicht aufgenommen. Jeder lobte seine eigenen Partner, etwa Microsofts Marianne Janik das Projekt Stifterhelfen oder SAPs Gabrielle Hartmann, die das von ihrer Firma unterstützte Betterplace präferierte. Betterplace-Chefin Joanna Breidbach war auch dabei und lobte die Online-Helden, während
Themenblogger Hannes Jähnert die Sozialhelden lobte.

Richtig neugierig befragte de Maizière in der ersten Runde Tim Moritz Hector von Wikimedia Deutschland, was denn da mit der Wikipedia passiert und ob dies ein Vorbild sein könne für das digitale Engagement der Vieltausend. Hector schlug sich tapfer und erklärte das System bis hin zu den 800 deutschen Freiwilligen, die sich im realen Leben treffen, nicht ohne die Anonymität zu loben, die das System von Wikipedia bietet. Vom Bundesinnenminister bekam der 22-jährige Student als dann den väterlichen Ratschlag, sich auch um seinen Studienabschluss zu kümmern.

Die Debatte zur Digitalen Agenda der Bundesregierung gewann an Schärfe, als die Vertreter von Malteser oder THW zu Worte kamen. Ihr Anliegen war Sicherheit und Zuverlässigkeit, wenn es um Notlagen geht. Über das Internet aktivierte Freiwillige, die im echten Leben beim Hochwasser an den Deichen ankommen, können sorgfältig ausgearbeitete Notfallpläne nur stören. Christoph Unger, Präsident des neu geschaffenen Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, brachte es auf den Punkt, als er das letzte Hochwasser der Elbe bewertete: "Die Euphorie nach dem Hochwasser ist wieder weg. Ich weiß nicht, ob die Leute auch im Winter kommen. Dann kaufe ich mir lieber Technik von Unternehmen, die das stemmen."

Den skurrilsten Vorschlag präsentierte Mark Speich von der Vodafone Stiftung zum Abschluss der Diskussion. Ein jeder Mensch müsse in seinem Smartphone in einer App angeben, wann und wie er bereit sei, sich ehrenamtlich zu engagieren. "Wenn die dann an einem Altenheim vorbei gehen, bekommen sie einen Hinweis, dass jemand gerade für das Vorlesen gesucht wird." Ja, Nein, Abbrechen? Klar wurde jedenfalls: Das digitale bürgerschaftliche Engagement steht erst an seinem Anfang. (axk)