Tagebau in der Tiefsee

Die kanadische Firma Nautilus Minerals will ab Anfang 2018 Erz vom Pazifikgrund fördern. Die Umweltfolgen sind unklar.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 145 Kommentare lesen
Bulk Cutter von Soil Machine Dynamics
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Sascha Rentzing

Schon bald will die kanadische Firma Nautilus Minerals die erste Tiefseemine der Welt eröffnen. Das berichtet das Magazin Technology Review in seiner aktuellen Ausgabe 4/2015 (jetzt am Kiosk oder online zu bestellen).

Vor Papua-Neuguinea haben sich Massivsulfide aus Schwefel, Kupfer, Gold, Silber und Zinn in fast 2000 Meter Tiefe an den vielen heißen Quellen, den Schwarzen Rauchern, abgelagert. Nautilus hat mittlerweile sämtliche Vorbereitungen für die Erz-Ernte getroffen: Es besitzt die Schürfrechte für das als Solwara 1 bezeichnete Areal, verfügt über eine weitgehend fertige Abbautechnik und unterzeichnete im November vorigen Jahres eine Vereinbarung über Bau und Charter eines Versorgungsschiffs. „Wir rechnen Ende 2017 mit der Auslieferung“, sagt Nautilus-Chef Mike Johnston. Anfang 2018 soll der Abbau beginnen.

Die Mine in der Bismarcksee wäre eine technische Meisterleistung. Obwohl enormer Druck und Finsternis die Arbeit in der Tiefsee erschweren, sollen die Abbaugeräte stattliche 1,8 Millionen Tonnen Erz pro Jahr fördern – mit dieser Menge ließe sich ein Bundesligastadion halb füllen. Die britische Spezialfirma Soil Machine Dynamics (SMD) hat die Maschinen entwickelt.

Läuft alles plangemäß, dürfte Nautilus die auf 450 Millionen Dollar taxierten Gesamtkosten des Projekts schnell wieder einspielen: Der Marktwert der Solwara-1-Metalle wird auf bis zu drei Milliarden Dollar geschätzt. Außerdem besitzt Nautilus Lizenzen für elf weitere gleichwertige Vorkommen in unmittelbarer Nähe, die es mit der gleichen Technik abbauen könnte.

„Der Run auf die Metalle der Tiefsee hat begonnen“, sagt Thomas Kuhn, Experte für maritime Rohstoffe der deutschen Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) in Hannover. Die Internationale Meeresbodenbehörde IMB in Jamaika hat insgesamt schon 27 Explorationslizenzen vergeben, unter anderem an Hightech-Nationen wie Australien, China, Frankreich, Russland oder Südkorea.

Auch die Bundesregierung hat große Tiefsee-Ambitionen: 2006 erwarb sie die Explorationslizenz für ein Manganknollengebiet im Pazifik, im Juli 2014 kam ein Claim im Indischen Ozean vor Madagaskar hinzu. Doch derzeit wird noch eine geeignete Abbautechnik gesucht. Die Zeit drängt: 2021 läuft die Lizenz im Pazifik aus.
Trotz umfassender Umweltprüfungen lassen sich Schäden am Ökosystem Tiefsee nicht sicher ausschließen. „Beim Abbau werden auf jeden Fall Sedimente aufgewirbelt. Die Frage ist, wie weit sie sich ausbreiten“, sagt BGR-Forscher Kuhn. Naturschützer befürchten, dass Sedimentwolken viele Kilometer weit driften und beim Absinken alles Leben unter sich begraben.

Nautilus sieht keine großen ökologischen Probleme. Die Bergbauarbeiten im Meer hätten keine direkten Auswirkungen auf Fische und Riffe, heißt es. Das Unternehmen räumt aber ein, dass der Lebensraum mancher Meeresbewohner auseinandergerissen werden könne. Deshalb will es zum Ausgleich ein Feld mit Schwarzen Rauchern in der Nähe des Abbaugebietes unberührt lassen. Von dort aus sollen Tiere das zerstörte Areal neu besiedeln.

Auch wenn seine Auswirkungen auf die Umwelt strittig sind – aufhalten lässt sich der Tiefseebergbau wahrscheinlich nicht mehr. Der zunehmende Rohstoffhunger erhöht den Druck, die Metalle aus der Tiefsee zu fördern. Und die Menschheit hat bisher noch keine Ressource im Boden gelassen, die sich für sie zu heben lohnte. (grh)