Anleger verklagen MP3.com
MP3.com soll seinen Anteilseignern Schadensersatz zahlen, da der Aktienkurs wegen der "vorsätzlich illegalen Handlungen" der Firma gesunken sei.
Die US-Anwaltskanzlei Milberg Weiss, die auf Sammelklagen spezialisiert ist, hat beim Bezirksgericht für Süd-Kalifornien Klage gegen das Internet-Unternehmen MP3.com und seine leitenden Manager, darunter den Vorstandsvorsitzenden Michael Robertson und den Präsidenten Robin Richards, eingereicht. Sie wirft der Firma einen Bruch des Aktiengesetzes von 1934 vor und fordert die Verurteilung des Unternehmens und der angeklagten Manager zu Schadensersatzzahlungen in bislang nicht genannter Höhe.
In Vertretung der Anteilseigner von MP3.com behauptet die Kanzlei, dass die leitenden Manager durch "falsche und irreführende Aussagen" über Umsatz, Wachstum und Wachstumsprognosen zwischen dem 13. Januar 2000, dem Tag des Starts des Musik-Service My.MP3.com, und dem 7. September 2000 den Aktienkurs künstlich in die Höhe getrieben haben. Das "vorsätzlich rechtswidrige Handeln" führe zu sehr viel geringeren Umsätzen als vorausgesagt und bringe die Firma an den Rand des Ruins. Die Anwälte von Milberg Weiss beziehen sich mit dieser Formulierung auf das Urteil gegen MP3.com vom 7. September, in dem der New Yorker Richter Jed Rakoff die Firma zu Schadensersatz in Millionenhöhe verdonnert hatte. Die Ankläger machen die Firmenleitung damit für den rapiden Kursverfall der MP3.com-Aktie verantwortlich. Schloss das Wertpapier am 13. Januar noch bei 33,31 US-Dollar, so war sie am 7. September bei Börsenschluss nur noch 6,19 US-Dollar wert.
Die Anwälte von Milberg Weiss gehen davon aus, dass "MP3.coms Umsatzanstieg gänzlich von der Fortsetzung seiner rechtwidrigen Praktiken abhängig war". Die Werbeeinnahmen, die über 90 Prozent des Umsatzes vom MP3.com in der Zeit zwischen dem 13. Januar und dem 7. September ausmachten, seien nur durch das Angebot unlizenzierter Musikstücke von Dritten möglich gewesen.
Für die Klage von Wilberg Weiss wird es entscheidend sein, wie der Prozess von Universal gegen MP3.com ausgeht. Universal ist der letzten der fünf großen Musik-Konzerne, die im Januar wegen des Dienstes My.MP3.com geklagt hatten. Während die Warner Music Group, Sony Music, EMI und die Bertelsmann Music Group mittlerweile Lizenzabkommen mit MP3.com getroffen haben, blieben die Verhandlungen zwischen Universal und MP3.com bislang erfolglos.
Nachdem Richter Rakoff mit seinem Urteil der Klage wegen Urheberrechtsverletzung grundsätzlich stattgegeben hatte, soll bis Mitte November darüber entschieden werden, wie viele Copyright-Verletzungen MP3.com begangen hat und wie viel das Unternehmen für jede Copyright-Verletzung an Universal zahlen muss. Robertson hat bereits Berufung angekündigt. Ihm geht es dabei unter anderem um die Ausräumung des Vorwurfs, dass MP3.com vorsätzlich gegen geltendes Gesetz verstoßen habe. Sollte MP3.com mit seiner Berufung Erfolg haben, würde dies die Argumentation von Milberg Weiss empfindlich schwächen. (chr)