Unter den Sparbemühungen der Autohersteller leidet die Haltbarkeit

Gewinnsucht

Das Streben nach immer höherer Rendite gelangt nun auch in den sichtbaren Bereich. Ging es bislang vor allem darum, dort zu „optimieren“, wo es Kunden nicht sofort bemerken, treibt die Macht der Aktionäre die Hersteller zu sonderlichen Einfällen. Eine besondere Sparmaßnahme hat sich nun VW einfallen lassen

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Von
  • Martin Franz
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München, 26. März 2015 – Das Streben nach immer höherer Rendite gelangt nach und nach nun auch in den sichtbaren Bereich. Ging es bislang vor allem darum, dort zu „optimieren“, wo es Kunden nicht sofort bemerken, treibt die Macht der Aktionäre die Hersteller zu sonderlichen Einfällen. Eine besondere Sparmaßnahme hat sich nun VW einfallen lassen.

Bisher waren die mitgelieferten Schlüssel mit einem Schlüsselring verbunden. Den spart sich VW bei den Modellen Golf und Tiguan nun. Stattdessen gibt es eine Kunststoffschlaufe, auf der auch Informationen wie etwa die Fahrzeugidentifikationsnummer stehen. Die Kosten für einen Schlüsselring belaufen sich pro Fahrzeug auf acht bis 16 Cent – je nach dem, wo der Wagen gebaut wird. Der Gewinn des Konzerns soll so insgesamt um 130.000 Euro pro Jahr steigen, was doch einigermaßen wenig klingt, wenn man sich vor Augen führt, dass der gesamte Konzern im vergangenen Jahr rund 12,7 Milliarden Euro Gewinn gemacht hat.

Feilschen um jeden Cent

Die peinliche Sparposse ist freilich nur die sichtbare Spitze eines Strebens, dass schon seit Jahren bei fast allen Autoherstellern zu beobachten ist. Vorwiegend im nicht sichtbaren Bereich wird um jeden Cent gerungen. Da werden beispielsweise Kabelbäume nicht mehr mit fünf, sondern nur noch mit drei Haltern befestigt. Gespart wird auch bei der Konservierung, was zur Rückkehr der Seuche Rost führt. Selbst Käufer von jungen Gebrauchtwagen müssen bei einigen Marken inzwischen wieder sehr genau hinsehen. Mazda und Mercedes sind nur zwei von vielen Marken, die in dieser Hinsicht in den vergangenen zehn Jahren durch ein tiefes Tal gegangen sind, aus dem längst noch nicht alle wieder raus sind. Bei Mercedes scheint Besserung in Sicht zu sein, bei Mazda muss sich das noch zeigen.

Deutlich zu spüren sind die Anstrengungen der Hersteller auch im technischen Bereich, womit nicht nur die zunehmende Verlagerung von Testfahrten an die frühen Käufer eines Modells gemeint ist. Auftretende Mängel wie das Drama um gelängte Steuerketten bei Volkswagen sind nicht etwa Ingenieuren anzulasten, die nicht mehr in der Lage wären, diese Bauteile richtig zu dimensionieren. Nein, auch hier werden Entwickler und Zulieferer gedrängt, es möglichst noch etwas billiger zu bauen. Zulieferer müssen über die Bauzeit von Teilen die Kosten pro Stück jedes Jahr senken. Bei den Kunden kommt diese Ersparnis selbstredend nicht an – ganz im Gegenteil, vergleichbar ausgestattete Autos werden von Jahr zu Jahr teurer.