Japan will im Internet an die Weltspitze

Mit einem ehrgeizigen Kraftakt zur wirtschaftlichen "Wiedergeburt Japans" will sich das krisengeplagte Hightechland in eine weltweit fĂĽhrende Internetnation verwandeln.

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Von
  • Lars Nicolaysen
  • dpa

Mit einem ehrgeizigen Kraftakt zur wirtschaftlichen "Wiedergeburt Japans" will sich das krisengeplagte Hightechland in eine weltweit führende Internetnation verwandeln. Innerhalb der nächsten fünf Jahre sollen die USA beim Internet überholt und weit mehr als 60 Prozent der Bevölkerung ans weltweite Computernetzwerk angeschlossen werden. Zu diesem Zweck soll das Inselreich mit einem der modernsten Hochgeschwindigkeitsnetzwerke der Welt überzogen werden.

"Japan liegt im Internet-Sektor weit hinter anderen Staaten zurück", stellte Nobuyuki Idei, Chef des Elektronikriesen Sony und Vorsitzender der IT-Strategiekommission der Regierung, fest. Japan werde abgehängt, wenn nichts unternommen werde, warnte Idei kürzlich bei der Vorlage des ersten Regierungsentwurfs zur nationalen Strategie für die Informationstechnologien (IT). Darin wird die Regierung aufgefordert, innerhalb von fünf Jahren mindestens 30 Millionen Haushalten einen permanenten Breitbandzugang zum Internet zu ermöglichen. Weitere zehn Millionen Haushalte sollen zudem einen Anschluss an ein Hochgeschwindigkeitsnetzwerk mit einer Datenübertragungsgeschwindigkeit zwischen 30 und 100 MBit/s erhalten. Ferner soll der Internet-Zugang über bestehende feste und mobile Netzwerke innerhalb eines Jahres deutlich verbilligt werden.

Ministerpräsident Yoshiro Mori hatte die Förderung der Informationstechnologie zum Schwerpunkt seiner Wirtschaftspolitik erklärt und die von Sony-Chef Idei geleitete Kommission für IT-Strategie einberufen, der auch der Internet-Unternehmer Masayoshi Son, die Chefs von Toyota, NTT und NEC sowie Wissenschaftler angehören. Laut dem von ihnen nun vorgelegten Strategieentwurf sollen zur Förderung des elektronischen Handels administrative Hürden abgeschafft werden, so dass die Online-Transaktionen unter Firmen bis 2003 um das Zehnfache gegenüber dem Niveau von 1998 ansteigen.

Nach einer Studie der Unternehmensberatungsgesellschaft Anderson Consulting hatten die Transaktionen zwischen Firmen 1998 noch 8,62 Billionen Yen (183 Mrd Mark) betragen, dürften sich aber bis zum Jahr 2003 auf 68 Billionen Yen belaufen. Um Japans ehrgeizige Ziele im IT-Bereich zu erreichen, wird die Inselnation jedoch nicht umhin können, ihre Ausländerpolitik zu ändern: Der Entwurf der Beraterkommission sieht vor, zum Jahre 2005 rund 30 000 ausländische IT-Experten ins Land zu holen. Nach einer Studie des Handelsministeriums fehlen Japan bis zu 200 000 IT-Fachleute.

Nachdem die Hightech-Nation verhältnismäßig spät auf den Internetzug aufgesprungen war, beeilt sie sich nun, den Rückstand rasant aufzuholen. Nach einer von japanischen Medien zitierten Studie des Technologiedienstleisters Media Metrix sind die Japaner inzwischen diejenigen, die das Internet am häufigsten nutzen. Im Durchschnitt loggen sie sich 13,9 Tage im Monat ein, während die Amerikaner dies an 12,7 Tagen tun. Gemessen an der Zeit, die die Japaner online verbringen, rangieren sie mit 622 Minuten im Monat auf Rang Drei, hinter den US-Amerikanern (900) und den Kanadiern (647). Offenbar spielten dabei die relativ hohen Telefonkosten in Japan ein Rolle. Ende 1999 zählte Japan laut einer Studie 27 Millionen Internetnutzer. In fünf Jahren geht die Regierung bereits von 77 Millionen Nutzern aus, was rund 60 Prozent der Gesamtbevölkerung entspräche.

Die Regierung will sich von dem nationalen Vernetzungskraftakt selbst nicht ausschließen: Mit dem Ziel einer "elektronischen Regierung" sollen zum Beispiel mehr öffentliche Informationen online angeboten werden. In fünf Jahren soll Japan so schließlich zu einer überragenden Internet-orientierten Nation mit einer von «Kreativität» geprägten Gesellschaft aufgestiegen sein. (Lars Nicolaysen, dpa)/ (cp)