Linux-Gaming: Hand of Fate

In "Hand of Fate" kämpft man zwischen Dies- und Jenseits um das eigene Schicksal. Das Spiel verbindet geschickt Elemente des Sammelkartenspiels "Magic: The Gathering" und Hack'n'Slay-Spiele. c't hat sich angesehen, ob "Hand of Fate" auch unter Linux süchtig macht.

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In "Hand of Fate" tritt man gegen einen mysteriösen Kartengeber an um das eigene Schicksal zu erforschen.

(Bild: Defiant Development)

In einem von flackerndem Kerzenlicht beleuchteten Dungeon zwischen Dies- und Jenseits gibt es einen Ort, an dem man in einem Kartenspiel gegen einen mysteriösen Geber um das eigene Schicksal spielen kann. Aus einem ständig wachsenden Deck an Karten legt der namenlose Gegenspieler einen Weg mit verschiedenen Hindernissen und Rastmöglichkeiten. Neben einfachen Hack'n'Slay-Episoden, bei denen man eine bestimmte Anzahl an Monstern vermöbeln oder den jeweiligen Gegner besiegen muss, gibt es auch Karten, die einen vor moralische Fragen stellen: Hilft man dem jungen Liebespaar oder doch lieber dem reichen Vater der Dame? Gibt man für Geld seine Menschlichkeit auf und lässt sich von einem Vampir beißen oder bleibt trotz knapper Kasse und schwacher Ausrüstung standhaft?

Im via Kickstarter finanzierten "Hand of Fate" bringt das australische Studio Defiant Development verschiedene Spielelemente wie ein an Tarot und das Sammelkartenspiel "Magic: The Gathering" erinnerndes Kartenspiel mit einem Hack'n'Slay-Spiel zusammen und lässt etwas ganz Neues daraus entstehen.

Jede Partie verläuft grundsätzlich gleich: Aus einem Pool von Karten, der aus einigen Basiskarten und durch Spielen freigeschalteten Karten besteht, stellt man sich ein Deck zusammen. Dabei müssen sich sowohl eine bestimmte Anzahl Ereigniskarten als auch Ausrüstungskarten im Gesamtdeck befinden; die genaue Anzahl steigt mit der Zahl der besiegten Boss-Gegner. In dieses Deck mischt der Gegenspieler weitere Karten – sie reichen von Flüchen bis zu fliegenden Händlern.

Nun legt der Gegenspieler in einer von mehreren möglichen Formationen einen Teil der Karten verdeckt aus und man beginnt, mit einer kleinen Figur über die Karten zu ziehen. Jeder Schritt kostet Nahrung, stellt aber auch eventuell verlorene Lebenspunkte wieder her – sofern man noch etwas zu Essen hatte. Beim erstmaligen Betreten einer Karte wird diese aufgedeckt und das zugehörige Ereignis ausgelöst. Im einfachsten Fall hat man dann einen Händler gefunden und kann sich für Gold mit Nahrung, Ausrüstung oder Heilung beziehungsweise Fluch-Entfernung eindecken.

Deutlich häufiger trifft man aber auf einen Gegner oder ein anderes Hindernis. Das kann eine verlassene Gruft sein, in der Schätze locken, oder auch eine Arena, in der man für eine Belohnung gegen Monster und schon besiegte Bossgegner antritt.Häufig hängt das Ereignis davon ab, welche Karte man aus einem Satz von "Erfolgs" - und "Scheitern"-Karten zieht. Dabei lohnt es sich zuzuschauen, wie diese Karten gemischt werden: Wer sich nicht täuschen lässt, weiß, wo welche Karte liegt.

Hand of Fate (17 Bilder)

Besiegt: "Jack of Scales"

Nachdem man einen Bossgegner besiegt hat, sammelt man dessen Karte ein.

Während einige Karten nur eine Entscheidung erfordern, wird man bei anderen in 3D modellierte Gebiete teleportiert. In ihnen muss man gegen die vom Gegenspieler gezogenen Monster antreten. Dabei verwandeln sich die eigenen Ausrüstungskarten in echte Gegenstände – manche davon auch mit Spezialfähigkeiten, die man tunlichst einsetzen sollte, will man es bis zum Ende der jeweiligen Séance schaffen. Das Kampfsystem selbst ist trivial und erinnert stark an "Rember Me" ohne Schlag-Tritt-Kombinationen: Einfaches Blocken oder Ausweichen und Zuhauen im richtigen Moment genügt, macht aber wegen der stärker werdenden Gegner auch nach Stunden noch Spaß.

Schließt man ein Ereignis erfolgreich ab, erhält man eine Belohnung in Form neuer Ausrüstung, Gold oder Nahrung bis zu Boni. Bei vielen Ereignissen erspielt man sich auch die mit der Karte verbundenen Tokens und schaltet damit andere Karten frei. Jede Séance endet mit einem Bossgegner (oder dem eigenen Tod), besiegt man eine Reihe davon, erhält man eine Art Herrschaftszeichen – etwa einen Kelch – und permanente Boni. Ab einer bestimmten Stufe wird neben dem Story-Modus auch ein Endlosspiel freigeschaltet, in dem man zwar die Token der Karten einsammeln, nicht aber weitere Bossgegner freischalten kann.

Die Atmosphäre ist unabhängig vom Modus immer stimmig, auch dank des Kartengebers, der jede Aktion kommentiert, der vielen Texte, liebevoll gezeichneten Karten und passenden Arenen. Da treten die relativ groben Modelle schnell in den Hintergrund und man freut sich diebisch, wenn man den Bossgegner trotz Mali mit letzter Kraft besiegen konnte.

Als wir den Test begonnen haben, machte "Hand of Fate" unter Linux noch diverse Probleme. So zeigte sich zunächst außer einem schwarzen Bildschirm gar nichts. Das Problem steckte dabei gar nicht im Spiel selbst, sondern in der verwandten Unity-Engine: Unity Technologies liefert zusammen mit der Engine eine angepasste Version von Mono aus und hatte bis dato den Patch für einen alten Bug, den Debian etwa anno 2009 geschlossen hat, schlichtweg nicht in Unity 4.5 integriert. Nachdem c't den Entwickler kontaktiert hatte, wurde das Problem durch Unity Technologies behoben und der Patch mit Version 1.0.3 an alle Spieler verteilt.

Wenn alles so verschwommen aussieht, stimmt die Auflösung in der Konfigurationsdatei wahrscheinlich nicht mit der Bildschirmauflösung überein.

Kaum waren wir dann im Spiel, stellten wir fest, dass das gesamte Bild so verschwommen wirkte, als sei es von einer niedrigeren Auflösung als den eingestellten 2560×1440 Pixeln hochskaliert worden. Wie ein Blick in die Konfigurationsdatei unter ~/.config/unity3d/Defiant\ Development/Hand\ of\ Fate/prefs zeigte, war diese Vermutung korrekt: Setzt man die entsprechenden Optionen in der Konfigurationsdatei auf die Werte der eigenen Desktop-Auflösung, wird das Bild beim nächsten Start sofort scharf. Dieses Problem tritt nur im Vollbildschirmmodus auf.

Der letzte uns aufgefallene Fehler bezog sich auf einige Texturen, die bei hohen Auflösungen jenseits von 1920×1080 matschig wirkten. Das Problem steckt auch hier in der Engine und hängt damit zusammen, dass Unity bei den Open-Source-Treibern den verfügbaren VRAM nicht erkennt und auf einen sehr kleinen Wert zurückfällt (im Test waren es meist zwischen 0 und 30 MB, wie ein Blick in die Log-Datei verriet).

Matschige Texturen, wie hier auf dem Schild und den beiden Gegnern zu sehen, rühren vom nicht erkannten VRAM her.

Da die Engine bei hohen Auflösungen auch die detaillierteren Texturen lädt, ist der vermutete Speicher rasch voll und die Engine verwandelt die restlichen Texturen in Pixelbrei, um sie noch in den verbleibenden Platz zu quetschen. Unity Technologies hat für Unity 5 die von c't empfohlene Lösung implementiert und fragt mittels der GLX-Erweiterung GLX_MESA_query_renderer jetzt den verfügbaren Platz ab. Sollten Sie ebenfalls von diesem Problem betroffen sein und nicht auf die auf Unity 5 basierende "Hand of Fate"-Version warten wollen, können Sie das von c't angebotene Archiv mit der fehlerbereinigten Unity-Version herunterladen und die darin enthaltene LinuxPlayer-4.5.5p5+query_renderer_MESA entweder als Hand of Fate.x86 oder Hand of Fate.x86_64 im Ordner ~/.local/share/Steam/SteamApps/common/Hand\ of\ Fate ablegen, je nachdem, ob Sie ein 32-Bit- oder ein 64-Bit-Linux installiert haben.

Die beiden letztgenannten Probleme wollen die Entwickler durch den Umstieg auf Unity 5, der noch in dieser Woche anstehen soll, beseitigen. Davon abgesehen haben wir auf dem Testsystem mit einer AMD Radeon R9 290 und dem Open-Source-Treiber "radeonsi" keine Probleme festgestellt.

Mit "Hand of Fate" hat das australische Studio Defiant Development ein wirklich gutes Spiel abgeliefert, bei dem man immer noch ein neues Ereignis meistern will, um an die neuen Karten zu kommen. Der Gesamteindruck wird nur durch Kleinigkeiten getrübt, etwa der unvollständigen Lokalisierung (nur Texte sind lokalisiert, nicht aber die gesprochenen Kommentare des Gegenspielers). Da der Hersteller die oben genannten Linux-Probleme zügig gelöst hat, steht auch dem Vergnügen unter dem freien Betriebssystem nichts mehr im Wege.

Das Hauptspiel ist für rund 23 Euro bei Steam, im Humble Store (DRM-freie Version plus Steam-Version) oder bei GOG (DRM-freie Version) erhältlich. Zusammen mit dem Update auf Unity 5 soll noch in dieser Woche der erste DLC erscheinen. (uk)