Navigation für Fußgänger: Elektrische Muskelstimulation als Richtungsgeber

Bislang müssen Fußgänger aufs Handydisplay schauen oder auf Sprachausgabe setzen, wenn sie mit ihrem Smartphone navigieren wollen. Deutsche Forscher entwickeln ein System, bei dem die Richtungshinweise als eine Art Fernsteuerung direkt in die Beine gehen.

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Forschung: Elektrische Muskelstimulation als Navigationshilfe
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Deutsche Forscher arbeiten an einer Navigationshilfe, bei der die Richtungshinweise direkt als elektrische Impulse in die Beinmuskulatur gegeben werden. Die Nutzer könnten sich so etwa von der Navi-App eines Smartphone dirigieren lassen, ohne ständig auf das Display schauen zu müssen, schreiben die Wissenschaftler in ihrem Paper.

Für die richtungsweisenden Stromimpulse werden am Oberschenkel der Spaziergänger Elektroden angebracht. Die stimulieren dann den vom Becken bis zum Schienbein verlaufenden Schneidermuskel (Musculus sartorius), der Knie- und Hüftgelenk beugt sowie Oberschenkeldrehungen ermöglicht. Die Impulse erfolgen beim Gehen, wenn das jeweilige Bein in der Luft ist, und bewirken eine leichte Außenrotation. Dadurch werde die Laufrichtung beeinflusst. Diesem Impuls könne der Fußgänger aber auch bewusst entgegenwirken und widerstehen, betonen die Forscher. Bleibt der Fußgänger stehen, passiere nichts, da die Impulse für die Drehung eines stehenden Beins zu schwach sind.

Über Bluetooth lassen sich die Elektroden zum Beispiel mit einem Smartphone verbinden, von dem es aus die Spaziergänger dann gewissermaßen ferngesteuert werden. Erste Tests mit einem Prototypen, bei dem 18 Probanden per Handy durch einen frequentierten Park in Hannover gelotst wurden, seien positiv verlaufen. Nach kurzer Eingewöhnung seien die meisten Teilnehmer gut mit der Technik zurecht gekommen. Es fühle sich an wie bei einem Temporegler im Auto, bei dem der Fahrer jederzeit wieder die Kontrolle übernehmen könne, zitiert die Studie einen der Probanden.

Als Anwendungsfelder für ihre muskuläre Navigation können sich die Forscher etwa Wearables vorstellen, um Feuerwehrleute bei Einsätzen durch unbekannte Gebäuden zu lotsen. Ebenfalls könnten damit Touristen zu Sehenswürdigkeiten geleitet werden oder Spieler bei Teamsportarten vom Trainer die nötigen Impulse erhalten. Bei einer in dieser Woche beginnenden Konferenz zur Mensch-Computer-Interaktion in Seoul wollen die Wissenschaftler ihre Ergebnisse vorstellen. (axk)