NSA-Skandal: EU-Politiker setzten auf Technik gegen Überwachung

Gutachter haben vor dem Innenausschuss des EU-Parlaments Maßnahmen gegen Massenüberwachung empfohlen. Auf technische Maßnahmen müssten aber politische folgen. Das sahen einige Abgeordnete anders.

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(Bild: dpa, Patrick Pleul)

Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Monika Ermert

Viel Verschlüsselung, eine eigene EU-Kryptozertifizierung und mehr zertifizierte, sichere Software für Bürger und Unternehmen haben Gutachter im Europaparlament als Maßnahmen gegen die Massenüberwachung empfohlen. Nachschlüssel für die Strafverfolgung beurteilten die Experten der Beratungsfirmen Tecnalia und Cap Gemini im Innenausschuss skeptisch. Dort stellten sie ihren Bericht "Science and Technology Options Assessment" (STOA) zur Massenüberwachung vor.

Die Autoren des Berichts empfehlen verschiedene Maßnahmen zur Abwehr der Massenüberwachung durch die Geheimdienste. Eine eigene Standardisierungs- oder zumindest Zertifizierungsstelle für Kryptostandards wird ebenso vorgeschlagen wie die gezielte Unterstützung der Entwicklung von Open Source Software. Außerdem schlagen die Experten vor, Hard- und Software bei großen Internetzugangsprovidern zu zertifizieren. Und nicht zuletzt: Verschlüsselung. Während die Technik-Experten aber betonen, dass politische Lösungen nötig seien, setzen die Politiker auf Technik.

Der portugiesische Konservative Carlos Coelho betonte in der Debatte die höchst unterschiedlichen Schutzstandards in den EU-Ländern. Die rechtliche und parlamentarische Kontrolle der Geheimdienste in den EU-Mitgliedsstaaten sei oft völlig ungenügend. "Wenn wir aber dem Staat nicht mehr vertrauen können, werden wir uns natürlich mehr und mehr an die Technik halten," sagte Coelho.

Abgesehen von einfach nutzbarer Verschlüsselung schlägt der STOA-Bericht die Förderung sicherer, offener Internetstandards vor. Das solle in Zusammenarbeit mit der akademischen Welt, Netz- und Servicebetreibern oder Organisationen wie der Internet Engineering Task Force geschehen. Einmal als unsicher erkannte Technologie sollte von zuständigen Behörden mit einem Auslaufdatum versehen werden. Empfohlen wird auch ein Forschungsprojekt, das die Verringerung der Trackingmöglichkeiten zu einem Standardfeature von Internetprotokollen machen solle. Die Do-not-track-Option könnte dann für alle Endgeräte verpflichtend vorgesehen werden.

Der grüne Abgeordnete Jan-Philipp Albrecht gab zu bedenken, dass mehr Regeln wenig nützten, wenn selbst Unternehmen praktisch nicht mehr in der Lage seien, ihre Systeme effektiv auf die Einhaltung der Standards, beziehungsweise auf eingebaute Hintertüren zu überprüfen. Selbst große Netzbetreiber wüssten nicht, was alles in ihren Routern steckt, so Albrecht. Hintertüren für Geheimdienste oder Strafverfolgung sorgten eben gerade nicht für mehr Sicherheit. Positiv beurteilte Albrecht die Idee, Softwareanbeiter durchaus für die Sicherheit ihrer Produkte in die Haftung zu nehmen. Diese Idee listet auch der STOA-Bericht als langfristiges Projekt auf. (mho)