BND-Skandal: Kanzleramt will nach bestem Wissen gehandelt haben

Interne Mails scheinen zu beweisen, dass das Kanzleramt die Chancen für ein Anti-Spionage-Abkommen mit den USA mindestens deutlich übertrieben hat. Angela Merkel erklärt nun, ihre Kanzleramtsminister hätten "nach bestem Wissen und Gewissen" gearbeitet.

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BND-Skandal: Kanzleramt will nach bestem Wissen gehandelt haben

(Bild:  KlausDigitalesAuge, CC BY 2.0)

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Mit gleichlautenden Äußerungen haben Bundeskanzlerin Angela Merkel und Regierungssprecher Steffen Seibert die neuen Vorwürfe im BND-Skandal zurückgewiesen. Die Kanzleramtsminister Peter Altmaier und Ronald Pofalla haben "nach bestem Wissen und Gewissen gearbeitet", sagte Merkel laut Spiegel Online. Mit der gleichen Formulierung hatte Seibert demnach schon vorher versucht, die Bundesregierung und insbesondere das Bundeskanzleramt zu entlasten. Am Wochenende hatten neue Enthüllungen nahegelegt, dass Vertreter des Kanzleramts die Öffentlichkeit vor der Bundestagswahl über die Chancen eines Anti-Spionage-Abkommen mit den USA getäuscht hatten.

NSA-Skandal

Die NSA, der britische GCHQ und andere westliche Geheimdienste greifen in großem Umfang internationale Kommunikation ab, spionieren Unternehmen sowie staatliche Stellen aus und verpflichten Dienstleister im Geheimen zur Kooperation. Einzelheiten dazu hat Edward Snowden enthüllt.

Von Süddeutscher Zeitung, WDR und NDR eingesehe E-Mails legen angeblich nahe, dass die Aussagen zu den Verhandlungen über das sogenannte No-Spy-Abkommen mindestens übertrieben, wenn nicht gelogen waren. So hatte Ronald Pofalla am 12. August 2013 erklärt, die NSA habe der Bundesregierung versichert, sich in Deutschland an Recht und Gesetz zu halten. Dabei hatte mit Karen Donfried eine Beraterin von US-Präsident Obama offenbar bereits Tage zuvor geschrieben, "Unsere Experten fühlen sich nicht dafür gerüstet, die Einhaltung des deutschen Rechts zu beurteilen", wie die Tagesschau nun zitiert. Ein Anti-Spionage-Abkommen war demnach auch nie in Reichweite, entgegen der Äußerungen aus dem Kanzleramt.

Trotzdem wiederholte Seibert nun die Behauptung, die USA hätten angeboten, " damals schon bestehende Vereinbarungen für gemeinsame Projekte zu verallgemeinern, auf ganz Deutschland anzuwenden". Deswegen sei man zu der Einschätzung gelangt, ein No-Spy-Abkommen sei möglich. Laut den internen Mails hatte der US-Geheimdienstkoordinater James Clapper so etwas zwar tatsächlich angedeutet, aber auf die Zuständigkeit des Weißen Hauses verwiesen. Von dort gab es für die Bundesregierung aber offenbar keine ähnlich lautenden Andeutungen.

Von der Einschätzung, dass sich der US-Geheimdienst in Deutschland an geltendes Recht hält, ist man im Kanzleramt inzwischen auch abgekommen. So sagte Seibert nun, es bleibe bei dem "politischen Ziel", dass "auf deutschem Boden deutsches Recht gelten müsse, von deutschen Diensten und allen internationalen Partnern". Das sei ein "anspruchsvolles Ziel, ein dickes Brett, gleichwohl, daran bleibt zu arbeiten", zitiert ihn Spiegel Online.

Unterdessen hat Sabine Leutheusser-Schnarrenberger im Interview mit dem gleichen Medium erklärt, sie fühle sich von der Regierung betrogen. Im fraglichen Zeitraum war sie Bundesjustizministerin und deswegen nicht zwangsläufig über die Verhandlungen hinter den Kulissen informiert. Sie habe zwar geahnt, dass ein Anti-Spionage-Abkommen schwierig werden würde, es aber nie für eine Fata Morgana gehalten. Das Kanzleramt habe "die Menschen hinter die Fichte geführt" – auch den Koalitionspartner FDP. Das Bundeskanzleramt trage die volle Verantwortung für den BND-Skandal: "Da sitzen alle, die von den Vorfällen beim BND wussten oder hätten wissen müssen." (mho)