Österreich setzt nach Scheitern der Bürgerkarte auf die Handysignatur

Nur 150.000 Österreicher nutzen die Bürgerkarte für E-Government. Jetzt will die Regierung die Alternative weiter voranbringen. Dabei soll die Privatwirtschaft helfen.

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SMS

Ähnlich wie mit mTAN beim Onlinebanking kann mit der Handysignatur online rechtsverbindlich unterschrieben werden

(Bild: dpa, Peter Kneffel/Archiv)

Lesezeit: 2 Min.

Die österreichische Regierung hat eingeräumt, dass die elektronische Bürgerkarte gescheitert ist. Nach über zwölf Jahren sind nur 150.000 der elektronischen Ausweise im Einsatz. Immerhin eine halbe Million Österreicher hat sich für die Handysignatur registriert, die als Alternative zur Bürgerkarte eine rechtsgültige elektronische Unterschrift ermöglicht. Um die Handysignatur weiter zu verbreiten, sucht die Regierung nun private Partner, die die Aktivierung ohne Medienbruch ermöglichen.

Erster Partner ist die Bank Austria. Sie ist das größte Geldinstitut des Landes und erlaubt ihren Kunden die Aktivierung einer Handysignatur über das Onlinebanking. Bisher musste man persönlich zu einer Aktivierungsstelle gehen oder auf einen per Brief verschickten Code warten. Bei der Bürgerkarte gibt es keine Änderungen, sie bleibt wie bisher verfügbar.

Die elektronischen Unterschriften sind keine Einbahnstraße: Wer sie gegenüber Behörden einsetzt, muss gleichzeitig die elektronische Zustellung von Schriftstücken akzeptieren. Auch private Unternehmen übermitteln Dokumente gerne auf diesem Weg, beispielsweise Rechnungen.

Das geht jedoch nicht direkt über E-Mail, sondern über einen von vier akkreditierten Postfachdiensten. Der Empfang von Dokumenten ist dabei kostenfrei. Die Bank Austria kooperiert mit der Firma Postserver, deren Server von Tele2 betrieben werden. Postserver wirbt mit Ende-zu-Ende-Verschlüsselung. Diese wichtige Sicherheitsmaßnahme umzusetzen hat Deutschland bei De-Mail versäumt.

Das Logo der österreichischen Bürgerkarte.

(Bild: buergerkarte.at)

Seit über 15 Jahren gibt es in Österreich rechtsverbindliche elektronische Signaturen. 2003 kam die Bürgerkarte auf den Markt: Praktisch jeder Österreicher hat mindestens eine Chipkarte, die er als Bürgerkarte nutzen könnte. Dafür muss er sich bei einer Behörde ausweisen, die dann ein Zertifikat auf dem Chip aktiviert. In der Folge können mit Karte, Lesegerät, Java-Applet und Passwort elektronische Unterschriften geleistet werden, die rechtsverbindlich sind.

Die Österreicher waren dafür jedoch nicht zu begeistern. Selbst Regierungsmitglieder zeigten kein Interesse. 2004 wurde die erste Handysignatur für Behördenwege im Internet eingeführt, Ende 2007 aber wieder eingestellt. 2010 wurde schließlich die heute gültige Handysignatur eingeführt, die der Bürgerkarte gleichgestellt ist.

Österreich erkennt auch bestimmte ausländische elektronische Identitätsnachweise an, und zwar aus Belgien, Estland, Finnland, Island, Italien, Liechtenstein, Litauen, Portugal, Schweden, Slowenien und Spanien. Der deutsche elektronische Personalausweis erfüllt die österreichischen Bedingungen gegenwärtig nicht. (ds)