VerbraucherschĂĽtzer im Clinch mit Microsoft

Gegen die Ansicht von Verbraucherschützern, jeder Käufer eines PC mit vorinstallierter Software habe Anspruch auf eine vollständige Sicherungskopie, geht Microsoft nun in den juristischen Infight.

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Nach der Erklärung der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, jeder Käufer eines PC mit vorinstallierter Software habe Anspruch auf eine vollständige Sicherungskopie, geht Microsoft nun in den juristischen Infight.

Jürgen Schröder, Jurist bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, hatte – wie am Dienstag von heise online berichtet – in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "Verbraucher aktuell" die Behauptung aufgestellt, ein PC-Händler müsse eine komplette Software-Version herausrücken, da andernfalls eine Nicht- beziehungsweise Schlechterfüllung vorliege. Bei der OEM-Version der Windows Millenium Edition von Microsoft handele es sich daher um ein "Mogelpackung". Das Echo des Betriebssystemherstellers ließ erwartungsgemäß nicht lange auf sich warten: Die deutsche Depandance des US-Konzerns schaltete die Rechtsanwälte ein, die die Verbraucherzentrale NRW zu einer Unterlassungserklärung aufforderten.

Microsoft führt aus, dass Schröders Aussage unrichtig sei, das auf der Festplatte installierte Windows und die gleichfalls auf der Festplatte eingerichtete Setup-Datei seien an das BIOS des Rechners gebunden. Tatsächlich sei die Anfertigung von dem auf der Festplatte befindlichen Betriebssystem möglich. Zudem wiesen die Anwälte darauf hin, dass es für die Behauptung Schröders, dem Nutzer müsste gleich eine vollständige, überall einsetzbare Sicherungskopie mitgeliefert werden, in der Rechtssprechung nicht die geringste Unterstützung gebe. Tatsächlich stimmt dies mit den Argumenten überein, die die Redmonder am 23. Mai vor dem Landgericht München vorbrachten. Damals befasste sich das Gericht in der mündlichen Verhandlung mit einem Widerspruch Microsofts gegen eine einstweilige Verfügung, die die Firma SMS GmbH erwirkt hatte.

Wie seinerzeit SMS argumentiert auch Schröder gegen Microsofts Rechtsansicht mit dem Hinweis, dass es dem Computerlaien in der Regel praktisch unmöglich sei, das Betriebssystem ohne Verwendung einer CD zu sichern und wiederherzustellen. "Microsoft kann nicht verlangen, dass sich jeder Nutzer ohne CD-Brenner extra einen solchen anschafft, um eine Sicherungskopie zu erstellen", meinte Schröder gegenüber heise online. Nach einem Wechsel der Hardware sei zudem eine zuvor angefertigte Sicherheitskopie des Windows-Systems meist nicht mehr brauchbar.

Schon deshalb wies die Verbraucherzentrale die Darstellung der Anwälte von Microsoft zurück, ihre Rechtsauffassung sei völlig aus der Luft gegriffen. Vielmehr würden auch andere Rechtsexperten, wie beispielsweise Professor Jochen Schneider, Autor des Handbuches für EDV-Recht, die Ansicht zur Recovery-CD-Lösung teilen. Jochen Marly gehe in seinem Buch "Softwareverträge" wiederum ebenfalls von einem generellen Anspruch auf Sicherungskopien aus.

Zwar wird bei der Verbraucherzentrale NRW das weitere Vorgehen in dieser Sache derzeit noch diskutiert, die von Microsoft geforderte Unterlassungserklärung will Schröder aber ungern abgeben. Allerdings wies der Jurist gegenüber heise online auf das Problem hin, kaum mit einem finanzkräftigen Konzern wie Microsoft einen langen Rechtsstreit in dieser Angelegenheit ausfechten zu können. "Dies ist eine Gefährdung des Verbraucherschutzes", so sein Resümee. (nij)