Zupackende Lagerroboter

Fetch und Freight sollen die Logistik beim Online-Shopping effizienter machen – und könnten ihre menschlichen Kollegen eines Tages ganz ersetzen.

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Von
  • Tom Simonite

Fetch und Freight sollen die Logistik beim Online-Shopping effizienter machen – und könnten ihre menschlichen Kollegen eines Tages ganz ersetzen.

Während sich Melonee Wise einem Regal voller Supermarktprodukte nähert, folgt ihr ein kleiner Roboter auf Rollen, der eine Plastikkiste trägt. Es wirkt, als gehe sie mit einem Hund spazieren. Der kleine Automat, der immer zwei, drei Schritte hinter Wise zu rollen scheint, egal ob sie stoppt, sich umdreht oder schneller geht, sieht niedlich aus – doch das Gerät ist kein Spielzeug.

Das Start-up von Wise, die Firma Fetch Robotics aus dem Silicon Valley, hat den Roboter namens Freight entwickelt – und zwar als digital gesteuerten Mitarbeiter für Lagerhallen. Sie demonstriert das Gerät in einer Ecke des Fetch-Büros, wo ein Minilager aufgebaut wurde. Mittlerweile hat das Start-up ein Dutzend Partner gefunden, die die Idee in den nächsten Monaten in echten Logistikzentren testen werden.

Freight soll sogenannten Pickern helfen, also Mitarbeitern, die durch das Lager gehen, um Produkte aus den Regalen zu nehmen und so beispielsweise Online-Bestellungen zusammenzutragen. Alle Gegenstände landen dann in seiner Kiste. Ist die Bestellung fertig, reicht ein Druck auf ein Smartphone und der Roboter begibt sich automatisch zur nächsten Station, etwa zwecks Verpackung.

Wise sagt, dass die neuen Roboterkollegen den Pickern die Arbeit erleichtern sollen, die heute bis zu 25 Kilometer am Tag in großen Lagern zurücklegen müssen. Die Fluktuation in solchen Jobs sei groß und die Betreiber fänden nicht immer genügend Mitarbeiter. "Wir können die Leute entlasten und ihnen helfen, sich darauf zu konzentrieren, was Menschen besonders gut können – beispielsweise das Entnehmen von Gegenständen aus Regalen", sagt Wise.

Dabei soll es aber nicht bleiben. Fetch Robotics arbeitet auch noch an einem zweiten Roboter, der selbst ein guter Picker werden könnte. Er hat einen langen Gliederarm mit einem Greifer, der auf einer Rollenbasis montiert ist. Hinzu kommt ein sich bewegender "Kopf" mit einer Tiefenkamera, wie man sie beispielsweise vom Spielecontroller Kinect kennt. Der Roboter namens Fetch soll in einem eingegrenzten Lagerbereich herumrollen, Produkte aus den Regalen nehmen und sie dann in die Kiste eines Freight-Roboters legen.

Die digitalen Helfer werden bereits in einigen Lagern eingesetzt, allerdings nur eingeschränkt und üblicherweise nicht in der Nähe von Menschen. Der Freight von Fetch ähnelt Ansätzen von Kiva Systems, einem Hersteller von Lagerrobotern, der 2012 von Amazon übernommen worden war. Dort bewegen die Roboter aber ganze Regale, was bedeutet, dass ein Lager für sie angepasst werden muss. Die Navigation erfolgt über Barcode-Aufkleber auf dem Fußboden.

Die Fetch-Roboter navigieren dagegen mittels Laserscanner und seien so gebaut, dass sie sich einfach in bestehende Lager integrieren lassen, meint Wise. Um eine Karte eines vorhandenen Raumes zu erstellen, muss der Freight nur mehrere Male durch die Regallandschaft navigiert werden – von einem Mitarbeiter mittels Spielecontroller. Nach ein paar Handgriffen zur Beschriftung der so erstellten Karte kann sich der Roboter dann allein dank der 3D-Daten aus dem Laserscanner im Raum zurechtfinden und weicht Hindernissen aus.

Noch ist unklar, was Freight und Fetch kosten werden; die Produktion hat gerade erst begonnen. Wise schätzt, dass die Preise im Bereich von 10.000 Dollar und mehr liegen könnten – immer noch deutlich weniger als die Personalkosten. Roboter müssten ja auch nicht auf die Toilette, zum Mittagessen oder zu einer Zigarettenpause. "Und sie werden nicht müde." Ein Lager, das fast nur aus Fetch und Freight besteht, müsste zudem nicht für Menschen gekühlt oder erwärmt werden, denn die Roboter vertragen auch extreme Temperaturen. Und dann wäre da noch ein anderer Vorteil: "Roboter klauen nicht", sagt Wise.

(bsc)