Amazon.de beschenkt Kunden, die keine sind

Wer sich bei Amazon.de abmeldet, kann nicht sicher sein, vom Buchversender erhört zu werden.

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Trotz Vorweihnachtszeit ist nicht jedes Geschenk willkommen: Peter M. erhielt Mitte Dezember unaufgefordert einen "Thermobecher Limited Edition", weil er laut Anschreiben des Amazon-Geschäftsführers zu den "besten Kunden" des Online-Händlers zählt. Seltsam, denn Peter M. ist schon lange kein Kunde von Amazon mehr. Bereits Anfang September dieses Jahres hat er Amazon.de aufgefordert, seine "Kundenkonten mit allen dazugehörigen Daten sofort zu löschen". Amazons Kundenservice versprach unmittelbar danach, den Wünschen nachzukommen. Lediglich die Transaktionsdaten müsse man "aus finanzrechtlichen Gründen" 10 Jahre lang aufbewahren.

Mit Recht fragt sich Peter M. nun, wie die Marketing-Abteilung von Amazon herausfand, dass er zu den besten Kunden gehört. Gemäß § 28 Absatz 3 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) handelt Amazon eindeutig widerrechtlich. Wörtlich heisst es im Gesetz: "Widerspricht der Betroffene bei der speichernden Stelle der Nutzung oder Übermittlung seiner Daten für Zwecke der Werbung oder der Markt- oder Meinungsforschung, ist eine Nutzung oder Übermittlung für diese Zwecke unzulässig."

Von heise online zu dem Vorgang befragt, bestätigte das Büro des Bundesdatenschutzbeauftragten den Verdacht. Dessen Sprecher Peter Büttgen meinte: "Eigentlich muss Amazon.de Vorkehrungen dergestalt treffen, dass die Marketing-Abteilung nicht mehr an solche eingefrorenen Kundendaten kommen kann." Der Fall zeige einmal mehr, dass sich der Privacy-Begriff, so wie ihn die US-Amerikaner definieren, in Deutschland noch nicht durchgesetzt habe. Datenschutzrisiken würden von den deutschen E-Commerce-Firmen nicht ausreichend transparent gemacht. "So werden die auch weiterhin kein Vertrauen gewinnen."

Amazon.de war gestern und heute für eine Stellungnahme zu dem Fall nicht zu erreichen. Allerdings waren die Daten des Peter M. heute morgen plötzlich nicht mehr einsehbar. Außerdem erhielt er ein Schreiben, in dem Amazon.de erklärte, dass die Weihnachts-Geschenkaktion "von langer Hand" vorbereitet wurde. Zu dieser Zeit hätten sich die Kundendaten "noch in unserer Kundendatenbank" befunden. (hob)