Verlage finden Autoren zunehmend im Internet

Egal, ob es ums Kochen, Möbelzimmern oder missglückte SMS-Kommunikation geht: Zu vielen Themen gibt es Blogs im Internet. Mittlerweile finden sich die oft in ausgedruckter Form auch im Bücherregal.

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(Bild: dpa)

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Von
  • dpa

Wer wissen möchte, was Hipster in Stockholm auf der Straße anhaben, oder was man Veganes kochen kann, sieht auf Blogs im Internet nach – könnte aber auch ein Buch aufschlagen. Vielleicht begegnet ihm dort sogar ein bekanntes Gesicht aus dem Internet. Denn immer mehr Blogger veröffentlichen ihr Werk als sogenannte Blogbücher.

Auf den ersten Blick scheint es paradox, das Internet auszudrucken und es zwischen zwei Buchdeckel zu stecken. Sophia Hoffmann sieht das aber anders: "Etwas Schönes in die Hand zu nehmen – das hat einfach eine andere Qualität", sagt sie. Die Berlinerin hat hellblonde Haare, bunte Tattoos auf den Armen und trägt häufig eine Kochschürze. Seit 2011 schreibt sie online über das Kochen, mittlerweile sind vegane Gerichte Thema ihres Blogs. Und sie sind Thema ihres Kochbuchs "Sophias vegane Welt", das vor einem halben Jahr erschienen ist.

Der Trend der Digitalisierung scheint sich hier umgedreht zu haben. Blogs galten als Trendsetter. Jetzt ist das gedruckte Buch der Ritterschlag für Blogger. "Das Buch war ein Traum, der in Erfüllung ging", sagt Hoffmann. Anders als bei manch anderem Blog ist ihr Kochbuch kein Eins-zu-Eins-Nachdruck ihres Internetauftritts: Für das Buch hat sie sich auch neue Rezepte überlegt.

Gerade bei Lifestyle-Themen wie Mode, Design oder Kochen boomen die Nachdrucke. Auch alles unter dem Label "Geschenkbuch" ist beliebt. Eines der erfolgreichsten Blogbücher ist "SMS von gestern Nacht". Es besteht aus lustigen oder peinlichen Dialogen per Textnachricht, die Leser des gleichnamigen Blogs eingereicht haben – andere Leser bewerten den Unterhaltungswert der Dialoge. Mittlerweile wurde der vierte Band veröffentlicht.

Ein Blogbuch, dass tatsächlich etwas gegen das Vergessen getan hat, ist das des chinesischen Künstlers und Aktivisten Ai Weiwei. Im Internet veröffentlichte Ai seine Kritik an der chinesischen Führung. Die Texte wurden übersetzt und als Buch veröffentlicht, kurz bevor sein Blog 2009 der Zensur zum Opfer fiel und gelöscht wurde. Bei den meisten Blogbüchern handelt es sich jedoch um einen lukrativen Zweitverwertungsmarkt. Viele Blogger veröffentlichen ihre Bücher selbst, ohne dass ein großer Verlag hinter ihnen steht.

Der Kreuzberg 36 Chair auf dem Blog "Hartz IV Möbel".

(Bild: Blog Hartz IV Möbel )

Doch die Verlage wollen den Markt nicht aus der Hand geben. Sie gehen auch mal ungewöhnliche Wege, so wie bei Architekt Van Bo Le-Mentzel. Auf seinem Blog "Hartz IV Möbel" erklärt Le-Mentzel, wie man Möbel günstig selber baut und damit Geld und Ressourcen schont.

Seine Fans schlugen vor, daraus ein Buch zu machen. In seiner Facebook-Gruppe fanden sich Menschen, die das geplante Buch mit Ideen und Geld unterstützen und auch kaufen wollten. Als der Hatje-Cantz-Verlag dann anbot, das Buch zu verlegen, stand die Finanzierung bereits, und potenzielle Käufer gab es auch zur Genüge. Deshalb musste die Geschäftsführerin des Verlags die Unterstützer erst einmal über Facebook überzeugen – und zusagen, mehr Bücher zu drucken als ursprünglich geplant.

Koch-Bloggerin Hoffmann hat dagegen ihr Buch-Konzept von sich aus an Verlage geschickt. Angst, dass ihre Fans ihr Blog nach dem Buchkauf nicht mehr lesen, hat sie nicht. Als nächstes will sie bei YouTube ihren eigenen Foodkanal starten: "Dort werden die Inhalte des Buchs dann zum Leben erweckt." (imj)