Unmanned Vehicles V: Von Anti-Drohnen-Drohnen, Weihnachtsgeschenken und getarnten UAV
Wie können unbemannte Systeme am Boden, im Wasser, in der Luft und im Weltraum eingesetzt werden – und wie können sie bewaffnet werden? Darüber sprachen in Bonn Experten aus Militär, Forschung und Industrie.
Das Debakel um den Euro Hawk hat Spuren hinterlassen
Einsatzszenarien und Entwicklungsperspektiven unbemannter Systeme am Boden, im Wasser, in der Luft und im Weltraum – das waren die Themen auf dem fünften Forum Unmanned Vehicles in der Stadthalle Bonn-Bad Godesberg. Auf Einladung der Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik diskutierten Experten aus Militär, Forschung und Industrie. Schwerpunkte der Vorträge waren Zulassungsfragen, kooperierende Roboter und die Abwehr von Drohnen.
Über die Bewaffnung wurde dagegen auffallend wenig, aber offen und unaufgeregt gesprochen. Dabei galt noch vor relativ kurzer Zeit, unter den Verteidigungsministern Karl-Theodor zu Guttenberg und Thomas de Maizière die Sprachregelung, im Zusammenhang mit unbemannten Systemen die "Wirkfunktion" möglichst auszublenden, um nicht "das gesamte Betrachtungsfeld Robotik" zu gefährden.
Militärische Drohnen auf dem Forum Unmanned Vehicles V (4 Bilder)

Bewaffungsoptionen fĂĽr Flugroboter
Jetzt konnte sich Guido Brendler, Vertriebsleiter für fliegende Plattformen des Rüstungskonzerns BDA-Deutschland, auf Bundeskanzlerin Angela Merkel berufen, derzufolge es eine Akzeptanz gebe für "Beobachtungsdrohnen, die eventuell bewaffnet werden können". Er sei überzeugt, dass erst die Wirkung Streitkräfte relevant mache, sagte Brendler und stellte verschiedene Bewaffnungsoptionen für Flugroboter vor. Die für die britische Luftwaffe entwickelte 51 kg schwere Luft-Boden-Rakete Dual Mode Brimstone etwa habe eine Reichweite von 15 km. Mit ihrem SAL/mmW-Radarsuchkopf sehe sie nicht nur den Laserspot, mit dem das Ziel markiert wird, sondern auch das Ziel selbst.
Eine kleinere Variante, mit der auch der 4,30 Meter lange Hubschrauber TANAN von Airbus Defence & Space ausgestattet werden könnte, ist die 7 kg schwere "Enforcer-Air". Die müsste, wie ein Bundeswehrangehöriger am MBDA-Stand vermutete, mit ihrem 1-kg-Gefechtskopf ein Fahrzeug allerdings sehr präzise treffen, um es auszuschalten.
Schutz vor Drohnen
Mit der zunehmenden Verbreitung von Drohnen, ob bewaffnet oder unbewaffnet, wird der Schutz vor ihnen mehr und mehr zum Thema. Christian Jäger von der ESG GmbH hob hervor, dass solche Fluggeräte zu den Top Ten der Weihnachtsgeschenke zählten. Sie seien seit Kurzem allgemein zugänglich, ihre Verbreitung nicht reguliert. Für den Schutz empfindlicher Bereiche gebe es aber noch kaum Konzepte. Wenn die Drohne bemerkt werde, sei es in der Regel bereits zu spät. Einzelmaßnahmen wie starke Wasserstrahlen oder Netze auszuwerfen seien daher nicht effektiv. Abwehrstrategien müssten modular auf den jeweiligen Kunden zugeschnitten werden. Details wollte Jäger nicht verraten, spezielle Abfangdrohnen (Anti-Drohnen-Drohnen) seien aber durchaus eine realistische Perspektive, sagte er.
Auch Igor Tchouchenkov vom Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung hob hervor, dass Mini-UAV leicht zu tarnen und schwer zu orten seien, da sie in der Regel nur wenig Metall enthalten. Zukünftig sei eine spezielle Luftkontrolle in niedrigen Höhen nötig sowie die Entwicklung von Gegenvorkehrungen, wobei Tchouchenkov unterschied zwischen sanften wie etwa die Ortung des Piloten oder die Störung der Funkverbindung und harten wie den Abschuss und die Zerstörung der UAV.
Euro-Hawk-Debakel
Mehrere Vorträge über die Einbindung von UAV in den zivilen Luftverkehr und über Zulassungsverfahren zeigten zum einen, dass das Debakel um den Euro Hawk Spuren hinterlassen hat: Die Beschaffung dieser hoch fliegenden Aufklärungsdrohne wurde eingestellt, weil ihre Zulassung für den Betrieb, auch den Übungsbetrieb, im kontrollierten Luftraum ungeklärt war. Diese mehrere hundert Millionen Euro teure Entscheidung hat dem Thema nun also offensichtlich die nötige Aufmerksamkeit verschafft.
Die Vorträge zeigten zum anderen aber auch, wie komplex das Problem ist und noch ein weiter Weg zu bewältigen sein wird, bis es befriedigend gelöst werden kann. Immerhin geht es darum, mit unbemannten Flugsystemen den Sicherheitsstandard bemannter Flugzeuge zu erreichen, den Dirk-Roger Schmitt vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt mit 1,5 × 10-8 Kollisionen pro Stunde bezifferte. Das sei die Messlatte, betonte Schmitt. Es seien nicht zwingend die gleichen Verfahren wie in der bemannten Luftfahrt erforderlich, um dieser Anforderung gerecht zu werden. Aber darunter geht es nicht. (anw)