20 Jahre Fast Ethernet

Wer heute an Vernetzung denkt, der denkt an Ethernet und Sternverkabelung mit Switches, Patchkabeln und Steckern, deren Plastiknasen leicht abbrechen. Das war nicht immer so, denn erst mit dem Standard für 100Base-TX wurde Ethernet massentauglich.

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RJ45-Stecker
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Einen Computer ins LAN zu hängen ist heute so einfach wie ihn mit Strom zu versorgen: Der RJ45-Stecker am einen Ende des Patchkabels kommt in die Buchse am Rechner, der Stecker des anderen Endes in die Wandbuchse oder in den Switch und schon läuft's. Vor zwei Dekaden war das noch etwas komplizierter – bevor das Fast Ethernet standardisiert wurde.

Ethernet war zu Beginn organisiert wie Funk. Im Namen steckt noch die Bezeichnung Äther. CSMA/CD hieß das Protokoll: Wer Daten senden will, horcht ins Kabel (Carrier Sense), wer senden will, sendet (Multiple Access), hört aber, ob jemand anderes gleichzeitig sendet (Collision Detect). Alle Stationen teilen sich den Übertragungskanal (Shared Medium). Kommt es zu einer Kollision, müssen beide Teilnehmer warten und es später erneut probieren. Diese Methode wurde aus dem ALOHA-Netz entlehnt.

10Base-5-Netzwerkkarten brachte man einst über ein Stichkabel und einen Transceiver (Medium Attachment Unit) ans Thickwire-Koaxkabel. Anno 1993 gabs ein MAU als c't-Projekt, um solch eine Karte an einem 10Base-2-Netz mit Thinwire weiterverwenden zu können.

Bei Ethernet hingen alle Stationen bus-artig am gleichen Draht. Das war zunächst ein dickes Yellow Cable (RG8-Koaxkabel, 10Base-5), das später von einem dünneren Thinwire (RG58, 10Base-2) abgelöst wurde. Das dicke Kabel musste für den Anschluss einer Station angebohrt werden, um durch die Abschirmung auf den eigentlichen Draht zu gelangen – was den Hohepriestern der IT-Abteilung vorbehalten war. Zwischen Yellow Cable und Netzwerkkarte vermittelte eine MAU (Media Attachment Unit).

Mit Thinwire gab es dann fertig konfektionierte Kabel unterschiedlicher Länge, BNC-Steckern und T-Stücken. Der Fuß des T-Stücks kam an die Netzwerkkarte, die Arme nahmen Kabelenden auf, die zu den benachbarten Stationen führten. Wie beim Yellow Cable mussten die Enden einer Thinwire-Strecke mit Abschlusswiderständen terminiert werden, damit die Wellen nicht reflektiert und damit die Datensignale unlesbar wurden. Stichstrecken und Abzweigungen waren verboten. Der Standardfehler war, das Kabel an der letzten Station direkt in die Netzwerkkarte zu stecken, ohne T-Stück und Abschlusswiderstand. Bei einem Wackelkontakt in der Mitte zerfiel das Netzwerk in zwei Hälften: Die Nutzer auf einer Seite ärgerten sich dann, dass der Server auf der anderen schon wieder nicht erreichbar war.

Vor Fast Ethernet war Thinwire-Verkabelung gängig. Die Stationen, hier der Vernetzungsklassiker Novell NE2000 für den ISA-Slot in alten PCs, hingen alle am selben Koaxkabel. Das musste an den Enden mit Terminatoren abgeschlossen sein.

Zum Ethernet mit Thinwire gab es vor zwanzig Jahren zahlreiche Alternativen: So propagierte IBM beispielsweise den Token Ring, bei der jede Station auf ein Frei-Token warten musste, bevor sie senden durfte. Kollisionen waren ausgeschlossen und nach jeder Aussendung eines Datenpaketes musste der Sender ein neues Frei-Token erzeugen. Um die fehleranfällige Bus-Verkabelung von Thinwire zu ersetzen, wurde mit 10Base-T ein Ethernet über Twisted-Pair-Kabel mit RJ45-Steckern standardisiert. Dieses heute noch gebräuchliche Kabel enthält vier Paare verdrillter Adern, von denen 10Base-T nur zwei Paare nutzte. Der Vorläufer StarLAN funktionierte sogar über ein einziges Paar, also das gleiche Medium, das auch Analogtelefone verwenden.

Hubs besaßen als Vorgänger der heute üblichen Switches oft eine BNC-Buchse für die Thinwire-Verbindung. So konnte man ältere Geräte ans Twisted-Pair-Ethernet anbinden.

10Base-T wurde sternverkabelt, mit einem passiven Hub in der Mitte. Diese Hubs hatten zu Anfang fast immer auch einen BNC-Verbinder, an den sich ein Thinwire-Netz anschließen ließ. Um 1:1 durchgeschaltete Kabel nutzen zu können, hatten PCs und andere Endpunkte eine andere Belegung als die Hubs. Wollte man diese zusammenschalten, war ein gekreuztes Kabel nötig oder ein umschaltbarer beziehungsweise designierter Port. Auch hier lag eine häufige Fehlerquelle, weswegen bei Fast Ethernet schnell die automatische Erkennung und Umschaltung (MDI-X) nachgerüstet wurde.

Weil 10Base-T immer noch als Shared Medium arbeitete, war durch das Zugriffsprotokoll CSMA/CD der nutzbare Durchsatz trotz einer Rohdatenrate von 10 MBit/s (das 10 in 10Base-T) auf rund 40 Prozent begrenzt: Mehr als etwa 4000 kBit/s oder 500 kByte/s gingen nicht durchs Kabel, was aus heutiger Sicht wenig ist, denn viele DSL-Zugänge liefern im Downstream mehr.

Fast Ethernet (100Base-TX) nutzte die gleiche Verkabelung wie 10Base-T. Mit aktiven Komponenten – Switches statt Hubs – und der Verkabelung mit vier Adern wurde gleichzeitiger Datenverkehr in beide Richtungen möglich (Full duplex). Ein verdrilltes Aderpaar diente dabei zum Senden und ein weiteres Paar zum Empfangen. So konnte nicht nur die Kollisionserkennung entfallen, sondern Ethernet auch das Problem der Sättigung bei zu hoher Auslastung auf dem Kabel überwinden: Der maximale Nutzdurchsatz kletterte auf 94 MBit/s, also rund 11,5 MByte/s.

Die Standardisierung als IEEE-Norm 802.3u vor genau 20 Jahren bildete dann die Grundlage dafür, dass Produkte verschiedener Hersteller miteinander kommunizieren können. Der Preisrutsch setzte ein: Anno 1995 kostete eine Fast-Ethernet-PCI-Karte 500 DM, also 256 Euro, heute nicht mal 4 Euro.

Fast Ethernet konnte sich auch deswegen gegen konkurrierende Techniken wie TCNS oder FDDI durchsetzen, weil es abwärtskompatibel war: Am selben Switch ließen sich mit denselben Kabeln Netzwerkadapter mit 10 MBit/s und 100 MBit/s betreiben. Aktuelle Switches für Firmen transportieren sogar 10.000 MBit/s übers Twisted-Pair-Kabel. Und die Ethernet-Evolution ist noch lange nicht zu Ende. Wer sich für Details des Ethernet-Gesamtstandards interessiert, der von 10 MBit/s bis 100 GBit/s reicht, hat einiges zu lesen: Die aktuelle, gratis erhältliche Version IEEE 802.3-2012 besteht aus sechs PDF-Dateien von zusammen 3748 Seiten plus drei Nachträgen. (vowe)