Online-Auktionen: QXL zögert vor der Übernahme von Ricardo
Noch unbestätigte Berichte über ein mögliches Platzen der Fusion mit dem englischen Online-Versteigerer QXL sorgen für einen Einbruch bei den Ricardo-Aktien.
Beim Internet-Auktionshaus Ricardo geht es tief her: Noch unbestätigte Berichte über ein mögliches Platzen der Fusion mit dem englischen Online-Versteigerer QXL haben dazu geführt, dass der Aktienkurs des Hamburger Versteigerungsunternehmens gestern um 17 Prozent fiel.
QXL/Ricardo sollte nach geglückter Fusion mit 1,3 Millionen Nutzern das größte Online-Auktionshaus Europas werden, hatte es im Mai geheißen. Doch jetzt sorgt eine Äußerung der Londoner Versteigungsfirma QXL für Trubel: Nach Abschluss der Übernahmegespräche mit dem Hamburger Auktionshaus habe QXL "gewisse Informationen über die Ricardo.de AG erhalten". Jetzt gelte es den Einfluss dieser Neuigkeiten auf die geplante Übernahme zu prüfen, ließ der QXL-Vorstand verlauten. Über den genauen Inhalt der zu prüfenden Informationen wurde noch nichts bekannt.
Ricardo stellte zwar einen Kommentar in Aussicht, war jedoch bislang zu keiner Stellungnahme bereit. Es könne vielleicht eine Verzögerung der Fusion geben, doch zu Stande kommen werde sie auf jeden Fall, sagte Ricardo-Sprecher Matthias Quaritsch gegenüber der Financial Times Deutschland. Demgegenüber ließ QXL-Chef Jim Rose verlauten, dass es "ernsthafte Probleme" mit der Übernahme gebe.
Das Zusammengehen von QXL mit dem deutschen Konkurrenten Ricardo war in Analystenkreisen allgemein begrüßt worden. Anders hätten die beiden Unternehmen keine Chance gegen den US-Konkurrenten eBay, hieß es im Mai allenthalben. Anders die Anleger: Sie schienen die geplante Fusion der beiden Auktionshäuser nicht zu honorieren. Seit der Fusionsbekanntgabe sind die Aktienkurse beider Unternehmen gefallen. QXL-Anleger waren vielfach der Ansicht, dass die Summe, die QXL für Ricardo zu zahlen bereit wäre, zu hoch sei.
Mittlerweile werden jedoch Zweifel laut am Geschäftsmodell von QXL und Ricardo. Denn anders als eBay versteigern QXL und Ricardo vor allem Waren im Auftrag anderer Firmen. Dabei fallen Kosten für Lager und Logistik an. eBays Versteigerungen hingegen sind im wesentlichen wie Kaufkontaktbörsen organisiert. Über Lieferung und Transport müssen sich Käufer und Verkäufer einigen, für eBay fallen dabei keine Kosten an. Unklar ist, ob solche Zweifel für die plötzliche Zurückhaltung von QXL verantwortlich sind. Sicher ist hingegen, dass auch das Auktionshaus QXl bislang keine schwarzen Zahlen schrieb. Möglicherweise spielt der niedrige Aktienkurs von QXL eine Rolle, weil er QXL selbst zu einem potenziellen Übernahmekandidaten macht. Auch dies könnte ein Grund dafür sein, die Fusion mit Ricardo platzen zu lassen. Obwohl der Verlust von QXL im vierten Quartal des Geschäftsjahres 1999/2000 von 10,7 auf 10,4 Millionen Dollar zurückging, wird es nach Einschätzung von Analysten noch drei bis vier Jahre dauern, bis das Unternehmen erste Gewinne macht.
Würde die geplante Fusion der beiden Internet-Auktionshäuser scheitern, könnte QXL nach Ansicht von Analysten zum potenziellen Übernahmekandidat für finanzstarke US-Firmen wie Yahoo oder eBay werden. (mbb)