Medien und Anwälte protestieren gegen Vorratsdatenspeicherung

Mit klaren Worten wenden sich Vertreter deutscher Medien und Medienverbände gegen die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung. Derweil muss sich der zuständige Justizminister Maas auch noch Kritik der Anwälte anhören.

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Vorratsdatenspeicherung

(Bild: dpa, Felix Kästle)

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  • dpa

Medienverbände und -unternehmen sprechen sich mit entschiedenen Worten gegen die vorgesehene neue Vorratsdatenspeicherung aus und schließen sich damit der immer lauter werdenden Kritik an. In einer gemeinsamen Presserklärung erteilen ARD, ZDF, der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju), der Deutsche Journalisten-Verband (DJV), der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) und der Verband Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT) den Gesetzesplänen "eine klare Absage". Die untergraben ihrer Meinung nach den verpflichtenden Informantenschutz.

Vorratsdatenspeicherung

Das Gesetz, dessen erste Lesung im Bundestag für den morgigen Freitag geplant ist, sehe keinen Schutz von Berufsgeheimnisträgern vor, den etwa der Europäische Gerichtshof verlangt habe. Die Sicherungen, die vorgesehen sind und einen Zugriff von Staatsanwälten und Polizeibehörden für unzulässig erklären, seien "höchst unvollkommen".

Auch die in dem Gesetz vorgesehen Einführung einer Strafvorschrift der "Datenhehlerei" lehnen die Medien ab. Die greife erheblich in die journalistische Arbeit ein und schütze Journalisten nur, wenn bei der Entgegennahme, Auswertung und Veröffentlichung rechtswidrig beschaffter Daten die Datenhehlerei "bereits vollendet war". Journalistische Arbeit dürfe aber nicht in die Nähe der Strafbarkeit gerückt werden.

Unterdessen ist Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) mit dem Gesetzentwurf auch beim Deutschen Anwaltverein auf heftige Kritik gestoßen. "Es bleibt dabei, dass wir eine anlasslose Speicherung ablehnen", sagte der Präsident des Vereins, Wolfgang Ewer, am Donnerstag auf dem Deutschen Anwaltstag in Hamburg. Es gebe keine empirischen Erkenntnisse, wonach die Vorratsdatenspeicherung bestimmte schwere Straftaten verhindern könne. "Am sichersten sind die Daten, die gar nicht erhoben werden."

Maas selbst verteidigte seinen Entwurf. Freiheit und Sicherheit müssten miteinander abgewogen werden. Seine Vorlage sei ein Kompromiss zwischen verschiedenen "Extrempositionen" und orientiere sich an der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Mehrere Kritiker des Gesetzentwurfs unterbrachen die Rede des Ministers mit Zwischenrufen. Sie hielten ein Transparent mit der Aufschrift "Freiheit statt Vorratsdatenspeicherung" hoch und zeigten dem Minister eine rote Karte. Maas bat die Protestler mit dem Banner nach vorne und ging spontan auf ihre Kritik ein.

Er forderte sie auf, sich auch im privatwirtschaftlichen Bereich für die Freiheit in der digitalen Welt einzusetzen. "Die meisten Daten speichert nicht die NSA, nicht der BND, nicht das BKA, nicht irgendeine Ermittlungsbehörde, die meisten Daten speichern Google, Facebook und WhatsApp", sagte Maas. Als Beispiel nannte der Minister das Speichern von Verbindungsdaten und das Auslesen von Mails oder das Aufzeichnen von Gesprächen durch die Sprachsteuerung von Fernsehern. "Was mir stinkt bei der ganzen Debatte: Hinter all den Daten, die auch genutzt werden, steht ein Geschäftsmodell."

Zu dem Anwaltstag unter dem Motto "Streitkultur im Wandel – weniger Recht?" kamen rund 1800 Juristen nach Hamburg. Der Deutsche Anwaltverein ist mit 67.000 Mitglieder der mit Abstand größte Branchenverband. (mho)