Softwarepatent: Adobe verklagt Macromedia [Update]

Zwei Grafikschwergewichte bekriegen sich: Adobe zieht vor Gericht, weil Macromedia angeblich patentierte Oberflächeneigenschaften imitiert.

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Von
  • Gerald Himmelein

Es geht ums Prinzip: Seit einigen Jahren verwendet Adobe in seinen Produkten durchgehend schwebenden Paletten mit mehreren Karteireitern, zwischen denen Anwender hin und herschalten kann, um verschiedene Auswahlfelder und Eigenschaftenfenster zu aktivieren. Seit August 1996 hält Adobe ein Patent auf diese Interface-Eigenart. Nun verklagt Adobe [Link nicht mehr gültig] seinen Hauptkonkurrenten Macromedia, der seit einigen Versionen in seinen Programmen ähnliche Paletten benutzt. Auf einer eigens eingerichteten Website [adobefacts.com, mittlerweile offline] beschreibt Adobe die patentierte Palettenform als einen wesentlichen Grund, warum Kunden Adobe-Produkte vorzögen.

Macromedia wehrt sich gegen die Klage und begründet seine Ablehnung der Ansprüche damit, dass es schon vor Adobes Patent entsprechende Interface-Konzepte gegeben habe. Tatsächlich finden sich ähnliche Palettenformen auch in anderen Anwendungen, darunter unter anderem seit 1995 in der Lotus SmartSuite (dort "Info Bar" genannt). Auf Slashdot behauptet ein Entwickler, ein derartiges Interface-Konzept schon 1991 implementiert zu haben -- für eine Emacs-Variante.

Adobe weist zwar jeden Verdacht von sich, dass die Klage zum Ausschalten eines unliebsamen Konkurrenten diene, doch etwas seltsam wirkt das Timing doch: Im kommenden Monat will Macromedia die Version 5 seiner Multimedia-Authoring-Software "Flash" vorstellen, mit einer neuen Oberfläche und deutlich mehr Funktionen als das von Adobe vor wenigen Monaten vorgestellte Programm "LiveMotion".

Streitigkeiten um Programmoberflächen haben in den USA eine lange Geschichte: 1991 versuchte der Tabellenkalkulationspionier Lotus, seinem Konkurrenten Borland gerichtlich zu untersagen, in seinem Spreadsheet "Quattro Pro" ein zu Lotus 1-2-3 kompatibles Menüsystem zu verwenden. Borland gewann den Prozess nach fünf Jahren gerichtlicher Streitereien im Januar 1996 vor dem Obersten Gerichtshof der USA. Allerdings ging es in diesem Streit um Copyright, nicht um ein Patent. (ghi)