Kenwood will Sound-Qualität von MP3 verbessern
Letzte Woche kündigte Kenwood ein angeblich "revolutionäres System" an, das MP3-Dateien so abspielen könne, dass sie natürlicher klingen.
Letzte Woche kündigte Kenwood ein "revolutionäres System" an, das MP3-Dateien und Musik in anderen digitalen, komprimierten Audio-Formaten so abspielen könne, dass sie natürlicher klingen. In diversen Berichten ist die Technologie schon als "CD-Qualität für MP3" gefeiert worden. Dieses Wunder soll so vonstatten gehen, daß beim Abspielen besonders Höhen, die beim Komprimieren verloren gegangen sind, wieder in das Audio-Signal hineingerechnet werden.
Bislang lässt sich allerdings anhand der spärlichen technischen Informationen von Kenwood das Verfahren, von dem Audio-Spezialisten als "proprietärer Algorithmus" bezeichnet, nur schwer beurteilen. Grundsätzlich aber nimmt das menschliche Ohr Audiosignale besonders intensiv in dem von Sprache benutzten Frequenzbereich wahr. Es ist daher gewollt, dass bei Kompression den Höhen wenig Platz eingeräumt wird. Nun können einmal verloren gegangene Teile des Signals im Allgemeinen nicht rekonstruiert werden. Alle natürlichen Geräuschquellen verfügen allerdings über Obertöne – wenn also beispielsweise eine Violine ein A spielt, klingen auch gleichzeitig höhere Frequenzen mit, und zwar bestimmte Vielfache der Ursprungsfrequenz.
Diese Obertöne sind eine Eigenschaft des Instruments. Um sie korrekt zu rekonstruieren, müßte Kenwood also anhand des Signals die einzelnen Tonquellen erkennen können. Wenn das gelänge, wäre aber schon eine viel effizientere Kompression als mit MPEG Layer 3 möglich. Es liegt daher die Vermutung nahe, daß Kenwood einfach das Signal mit höherer Frequenz über sich selbst legt. Dieses Verfahren ist allerdings weder besonders neu oder revolutionär noch sorgt es für einen natürlichen Klang. Es ist vielmehr mit dem Bass Boost vergleichbar, der ja in Low-Cost-Audio-Komponenten auch weite Verbreitung findet und gewöhnlich auch mit vermeintlich natürlicherem Klang beworben wird. Hinzu kommt, dass der tatsächliche Grund für schlecht klingende MP3-Dateien nicht die fehlenden Obertöne sondern schlechte Encoder sind. Die typischen MP3-Artefakte sind Pre-Echos und zu lautes Rauschen in manchen Frequenzbändern. Selbst wenn diese Artefakte durch weitere Obertöne natürlicher klingen mögen, so sollte doch das eigentliche Ziel sein, sie beim Kodieren komplett zu vermeiden. (Zu Details der Verfahren bei Audio-Kompression siehe Die Kunst des Weglassens in Ausgabe 3/2000 von c't.) (Felix von Leitner) / (jk)