Lobbyarbeit: EU-Digitalkommissar Oettinger trifft fast nur Konzerne

Eine Auswertung gemeldeter Treffen von EU-Kommissaren mit Lobbyisten zeigt, dass Konzernvertreter ein viel offeneres Ohr in Brüssel finden. Besonders groß ist das Missverhältnis bei Günther Oettinger, der gerade an der Netzneutralität werkelt.

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Günther Oettinger

(Bild: dpa, Julien Warnand/Archiv)

Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Martin Holland

Günther Oettinger, in der EU-Kommission für die digitale Wirtschaft zuständig, hat sich in der ersten Jahreshälfte fast ausschließlich mit Lobbyvertretern der Industrie getroffen. Vertreter von Nichtregierungsorganisationen, Think Tanks und Kommunalverwaltungen seien nur in 11 Prozent seiner insgesamt 366 Lobbymeetings zum Zuge gekommen, hat Transparency International ermittelt. Gleichzeitig gehört Oettinger demnach zu den meistgetroffenen EU-Kommissaren. Lediglich zwei EU-Kommissare hätten sich noch öfter mit Lobbyisten getroffen.

Basis für die Daten ist eine Selbstverpflichtung der EU-Kommission, nur noch in Brüssel registrierte Lobbyisten zu treffen und das Ersuchen, diese Termine auch zu veröffentlichen. Insgesamt sollten sie dabei eine "angemessene Balance" sicherstellen, heißt es in dem Dokument. Der Auswertung von Transparency International zufolge ist das aber nicht gelungen. Insgesamt seien 75 Prozent der 4318 registrierten Meetings mit Konzernvertretern erfolgt. Zu den aktivsten zählen demnach Google und Airbus. Eines der größten Lobbybudgets stellt demnach Microsoft zur Verfügung (4,5 Millionen Euro), Google liegt nicht weit dahinter (3,5 Millionen Euro), hatte aber mehr Meetings (29 statt 17 bei Microsoft). Insgesamt werde deutlich, dass der finanzielle Einsatz direkten Einfluss auf die Anzahl der Meetings haben, so Transparency International.

Im Fall von Oettinger könnte sich das große Missverhältnis auf seinen Umgang mit den EU-Plänen zur Netzneutralität auswirken, berichtet Spiegel Online. Oettinger, der bei Befürwortern der Netzneutralität schon "Taliban-artige" Züge sah, "hat sich überwiegend von der Seite der Netzbetreiber beraten lassen", zitiert die Nachrichtenseite einen dieser Befürworter. Wenn Oettinger Position beziehe, setze er sich immer für eine konzernfreundliche Lösung ein, kritisierte demnach auch der österreichische EU-Abgeordnete Michel Reimon (Grüne).

Oettinger selbst will das nicht auf sich sitzen lassen und erklärte demnach, dass Register spiegle seine Treffen nicht korrekt wider. So müsse nicht eingetragen werden, wenn er sich "in einer öffentlichen Veranstaltung an Bürger wende, auf einer Konferenz spreche oder Abgeordnete treffe". (mho)