Freihandelsabkommen CETA fast fertig, TTIP nicht so bald

Das besonders umstrittene Freihandelsabkommen TTIP wird wohl nicht so schnell geschlossen werden können, sagte EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström und hofft auf nächstes Jahr. CETA könnte schneller gehen.

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EU-Kommissarin: Cecila Malmström

EU-Kommissarin Cecila Malmström in Brüssel.

(Bild: EU-Kommission)

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Die EU-Kommission will ihr Freihandelsabkommen mit Kanada (CETA) bis Ende Juli unterschriftsreif haben. Der letzte Feinschliff sei “so gut wie abgeschlossen”, sagte Handelskommissarin Cecilia Malmström laut einem Bericht von Politico am Dienstag in Brüssel. In der umstrittenen Frage des Investorenschutzes und der dafür vorgesehenen unabhängigen Schiedsgerichte hat die rechtliche Feinabstimmung aber noch nicht begonnen. Danach kann das Abkommen den Parlamenten in Ottawa und Brüssel sowie der EU-Mitgliedsstaaten zur Ratifizierung vorgelegt werden.

Transatlantisches Freihandelsabkommen TTIP

Seit Juli 2013 verhandeln EU und die USA über den Abbau von Handelshemmnissen im Rahmen eines Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP). Heftige Kritik kommt wegen mangelnder demokratischer Kontrolle sowie wegen Befürchtungen, Umwelt- und Gesundheitsstandards könnten abgesenkt oder untergraben werden.

Damit versucht die EU-Kommission auch Bedenken zu zerstreuen, dass der heftige Widerstand gegen das geplante Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP) den Abschluss des weniger umstrittenen CETA gefährden könne. Denn der Streit über TTIP wird wohl noch etwas dauern, musste Malmström einräumen. “Es wird wohl nicht bis Ende des Jahres fertig”, sagte die Handelskommissarin. “Wir wollen bis dahin ein Skelett mit den wichtigsten Punkten haben, damit wir uns dann mit den Details beschäftigen können.”

Zu diesen “Details” gehört insbesondere das vorgesehene Schlichtungsverfahren vor Schiedsgerichten, die an keine nationale Legislative gebunden sind. Hier sollen Unternehmen auch gegen Regierungen auf Schadensersatz klagen können, wenn sie ihre Investitionen durch nationale Gesetzgebung gefährdet sehen. Kritiker sehen darin eine Verlagerung der Macht von Parlamenten zu international operierenden Konzernen und sprechen von “Paralleljustiz”.

Um diesen Bedenken Rechnung zu tragen versucht Malmström die Schiedsgerichte wie nationale Gerichtssysteme zu gestalten und ein Berufungsverfahren einzuführen, das sich an das Revisionssystem bei der Welthandelsorganisation WTO anlehnt. Langfristig solle für solche Streitfälle ein internationaler Gerichtshof mit festen Strukturen eingerichtet werden.

TTIP ist in Brüssel und in den Mitgliedsstaaten nicht leicht vermittelbar. Zwar hat Malströms Vorschlag im Handelsausschuss des EU-Parlaments Unterstützung der Vertreter von Sozialdemokraten und Konservativen gefunden, doch ist das Plenum zerstritten. Die geplante Abstimmung über eine Stellungnahme des EU-Parlaments hatte Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) in letzter Minute abgesagt, nachdem die Mehrheit für einen Kompromissvorschlag bröckelte, den der Vorsitzende des Handelsausschusses, Bernd Lange (SPD), vorangebracht hatte.

Auch in den Mitgliedsstaaten ist TTIP umstritten. So rumort es bei den Sozialdemokraten, obwohl sich der Parteivorsitzende Sigmar Gabriel für das TTIP-Abkommen stark macht. Der Bundeswirtschaftsminister findet, dass die Debatte zu angstbesetzt ist und will lieber über die Chancen des Abkommens sprechen. Und selbst in den USA mehren sich die Stimmen gegen TTIP, die zum Beispiel auf die Folgen des in den 1990er Jahren geschlossenen Nordamerikanischen Freihandelsabkommens NAFTA für die amerikanische und mexikanische Wirtschaft hinweisen.

Die EU-Kommission hofft dennoch, das Abkommen bis zum Ende der Amtszeit von US-Präsident Barack Obama abzuschließen. Die Amerikaner wählen voraussichtlich am 8. November 2016 einen neuen Präsidenten, der sein Amt am 20. Januar 2017 antritt. “Geben Sie nicht mir die Schuld, wenn das Europäische Parlament und der Bundestag gegen TTIP oder CETA stimmen”, sagte Malmström. (vbr)