17C3: Brave Bürger mit recht teuren Laptops

Der nicht so ernst gemeinte "New-Economy-Tarif" sorgt weiter für Aufregung, doch auch weibliche Beobachter der Szene haben die Diskussion über Hackerbefindlichkeiten neu angeheizt.

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Alles nur ein Gag, das mit dem New-Economy-Tarif beim 17. Chaos Communcation Congress, bemühten sich zahlreiche Chaosjünger gestern die Wogen der Erregung zu glätten und sämtliche Gedanken an eine Diskriminierung unternehmerischer Durchstarter wegzuwischen. Es gibt also offiziell keine Vorbehalte des Chaos Computer Clubs gegen Startups und Gründer, auch wenn auf dem heute zu Ende gehenden Congress in Berlin die lodernden Interhemd-Sweatshirts mit dem Slogan "Burn, Venture Capital, burn" der Renner sind. Auch der freundliche Hinweis der Häcksen, dass "Startup-Mitarbeiter" nicht an den "Mario-Kart-Meisterschaften" teilnehmen dürfen, erklärte sich mittlerweile dadurch, dass die Damen und Herren bei einem bestimmten, der Hackerszene nicht fern stehenden Berliner Startup laut Aussage eines dort beschäftigten Studenten sehr oft und gerne "Mario Kart" spielen und daher kaum zu schlagen sind.

Tatsächlich wagten sich gestern sogar zwei junge Herren mit knallig-orangen Corporate-T-Shirts unter die zur Verbrennung von Wagniskapital auffordernde Menge, auf denen der Schriftzug "Handy.de" prangte. Ob sie den New-Economy-Tarif bezahlt hatten, war unklar. Auf jeden Fall bewegten sie sich frei und ungehindert zwischen den rund 2.300 Besuchern.

Einzelne CCCler hielten mit ihrer Kritik an der "New" Economy allerdings nicht hinterm Berg. Wau Holland, Alterspräsident des Clubs, gab eine ganz persönliche Stellungnahme in der Mailingliste "debate" von Fitug ab. Darin bezeichnete er so manchen "Schwitzjob" bei Startups als "neue Form der Sklaverei in der Tradition der Leibeigenschaft, der heutigen Geisteigenschaft". Da werde die Kraft eines ganzen Menschenlebens in wenigen Jahren ausgesaugt, und die Altersrente "für die mit Herzinfarkt und Magengeschwür schon unter 30" bestehe aus "abstürzenden Aktienoptionen".

Für Zündstoff ganz anderer Art sorgte derweil Elisabeth Haas, die besser unter ihrem Pseudonym Lizvlx bekannte Medienhackerin von der auch in Berlin mit Büro ausgestatteten Marketing-Agentur Ubermorgen.com. Nachdem sie sich das Treiben auf dem Congress anderthalb Tage lang angeschaut hatte, zeigte sie sich in ihrem Vortrag über die "Informations-Guerilla und Hoaxes" wenig beeindruckt von der Szene: "Ich werde das Gefühl nicht los", urteilte sie vor versammelten Publikum, "dass ich bei der Veranstaltung von braven Bürgern mit recht teuren Laptops umgeben bin." Da sie diese Ansicht allerdings mit ihrem charmanten österreichischen Dialekt vortrug, reagierten die anwesenden Hacker so, wie von ihr beschrieben: ziemlich zurückhaltend. (Stefan Krempl) / (jk)