Kolumne: Wenn ein Hersteller seine Vertriebspartner übernimmt...

Nach der Übernahme einiger Fachhandelsunternehmen plant Canon die Akquisition des Münchener Händlers Schulz Bürozentrum. Das Wachsen über den Kauf von Handelspartnern ist eine teure und riskante Strategie, meint Heise-resale-Kolumnist Damian Sicking.

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Von
  • Damian Sicking

Lieber Canon-Geschäftsführer Jeppe Frandsen,

wenn ein Hersteller wie Canon einen Fachhändler übernimmt, dann ist das immer ein Vorgang, der für Diskussionsstoff sorgt. Jetzt gerade ist das wieder so. Canon bereitet die Übernahme des Münchener Traditionsunternehmens Schulz Bürozentrum (rund 22 Millionen Euro Umsatz, 100 Mitarbeiter) in München vor. Vor allem die deutschen HP -Manager dürften von dieser Nachricht weniger erfreut sein, denn Schulz gilt als wesentliche HP-Stütze in der bayerischen Landeshauptstadt. Wenn dieser wichtige Partner unter die Fittiche eines Wettbewerbers schlüpft, kann dies für HP ausgesprochen unerfreuliche Folgen haben.

Grundsätzlich frage ich mich bei Übernahmen von Vertriebspartnern durch Hersteller, ob das wirklich schlau ist. Man denkt unweigerlich an das Bonmot, dass man sich ja auch keine Kuh kauft, wenn man eigentlich nur einen Liter Milch haben möchte. Die Kuh, das ist in diesem Fall das Unternehmen Schulz, und die Milch, das sind die Drucker- und Kopiererstellplätze von Schulz. Bei näherer Betrachtung kann es durchaus Sinn machen, die Kuh zu kaufen, dann nämlich, wenn man nicht nur heute einen Liter Milch möchte, sondern jeden Tag. Dann gehört einem die Kuh und man kann sie nach Belieben melken. Wenn es gut geht, hat man den Kaufpreis irgendwann wieder drin. Amortisation nennt man das.

Interessant ist im Fall Schulz, dass es bereits der zweite Händler in München ist, auf den Sie es abgesehen haben. Bereits im vergangenen Jahr holten Sie sich mit Hauser ein erstes Traditionsunternehmen aus München in den Stall. Die Strategie dahinter verstehe ich nicht so ganz, denn es ist ja nicht so, dass sie bereits sämtliche Metropolen in Deutschland abgegrast hätten und nun nur noch über "Doppelbelegungen" expandieren könnten. Das gleiche Modell wie in München fahren Sie ja auch in Düsseldorf, wo es nach der Übernahme des Unternehmens Telekopie im Frühjahr 2008 ebenfalls zwei "Canon Business Center" (CBC) gibt. Weitere Fachhhandelsübernahmen waren Thiesbrummel in Gütersloh, EWS in Mannheim und Rolf Potthast in Hamburg. Mit der geplanten Neuakquisition Schulz wäre Canon in Deutschland dann mit 13 CBCs vertreten. Und das Ende ist noch nicht in Sicht. Immer wieder betonen Sie, dass Sie weitere Fachhandelsübernahmen als geeignete Wachstumsmöglichkeit betrachten und planen.

Gut, das kann man machen. Die eigentlich spannende Frage ist natürlich: Wie reagieren die anderen Canon-Vertriebspartner, die nicht das Glück haben, von Canon gekauft zu werden (oder die dies gar nicht wollen)? Ein Hersteller, der seine Wachstumsstrategie zu wesentlichen Teilen darauf aufbaut, dass er ausgewählte Handelspartner übernimmt, läuft natürlich Gefahr, vorne mit den Händen etwas aufzubauen und gleichzeitig mit dem Hinterteil etwas anderes umzustoßen. Im Klartext: Die Region, in der Canon mit einem starken Direktvertrieb vertreten ist, ist doch für andere Vertriebspartner mausetot. Der Hersteller kann sich noch so anstrengen, er wird niemandem glaubhaft vermitteln können, dass er unabhängige Vertriebspartner genauso unterstützt wie die eigenen Tochterfirmen. Die Konsequenz wird daher sein, dass sich Canon in den Städten und Regionen, in den Canon mit einem CBC vertreten ist, auch nur auf ihre CBCs verlassen kann. Für andere Händler wird Canon uninteressant und sie werden sich umorientieren.

Daher meine ich, dass Canon eine teure und auch riskante Strategie verfolgt. Die Übernahme eines Händlers kostet natürlich eine Kleinigkeit, und wenn das Unternehmen nicht so performt, wie man sich dies wünscht, kann man nicht einfach die Vertriebspartnerschaft wieder kündigen. Dann hat man den Klotz am Bein und muss damit versuchen, den anderen hinterherzulaufen.

Beste Grüße

Damian Sicking

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