Kolumne: Good News, Teil 3: SAP-Anwender gehen auf die Barrikaden!
Es kommt nicht oft vor, dass sich gewerbliche Kunden öffentlich gegen ihren Lieferanten oder Dienstleister auflehnen. Passiert dies doch, ist dies ein Zeichen für eine zerrüttete Beziehung zwischen den Parteien. Wie offenbar zwischen SAP und ihren Kunden.
Liebe "unabhängige SAP-Mittelstandskunden",
es geschieht in unseren Breiten nicht oft, dass gewerbliche Kunden öffentlich gegen ihre Geschäftspartner auf die Barrikaden gehen. Konflikte löst man für gewöhnlich an runden Tischen hinter verschlossenen Türen. Aber was, wenn man dort keine Lösung findet? Dann kann man entweder mit der geballten Faust in der Tasche nach Hause gehen oder man trommelt ein paar Leute zusammen und macht eine Demo. So wie in Ihrem Fall. Sie, die "unabhängigen SAP-Mittelstandskunden", wehren sich gegen das Verhalten und die Forderungen Ihres Lieferanten und Anbieters SAP AG. Zahlreiche Firmen wie Bitburger, Gerolsteiner, GfK, Jenoptik, Krombacher, Krones, Miele, Stadtwerke München und Villeroy & Boch haben, wie man zu sagen pflegt, die Faxen dicke. Sie haben keine Lust mehr, sich von der SAP ausnehmen zu lassen wie die Weihnachtsgänse.
Aus diesem Grunde haben Sie sich zusammengeschlossen und laden gemeinsam zu einer Pressekonferenz ein, die am 10. Dezember um 11:00 Uhr im feinen 5-Sterne Steigenberger Parkhotel auf der Königsallee 1a in Düsseldorf stattfinden wird. Dass Sie in Kampfstimmung sind, macht bereits der Ton im Einladungsschreiben deutlich: "In der aktuellen Diskussion um die vom Software Unternehmen SAP geplante Neuausrichtung seines Enterprise Supports und die hierfür angekündigte SAP Maintenance Gebührenpolitik haben sich Anwendergruppen auf Kundenseite entschlossen, ihre Kommunikation zu bündeln, um gemeinsam gegen diese unverantwortliche und in keinster Weise gerechtfertigte Unternehmenspolitik seitens der SAP vorzugehen. Dieses gemeinsame Vorgehen richtet sich nicht nur gegen eine unangemessene Preispolitik der SAP, sondern die Anwender wollen sehr deutlich machen, dass die Art und Weise des Umgangs der SAP mit ihren Kunden, speziell aus dem Mittelstand, so nicht akzeptiert werden kann!" (Hervorhebungen von mir.)
Diplomaten reden anders. Ich sag mal so: Wenn die beteiligten Parteien nicht Sie und SAP, sondern Russland und die Ukraine wären, würde ich empfehlen, etwaige bereits gebuchte Flüge in diese Region wieder zu stornieren.
Dennoch kann ich Sie und Ihren Unmut nicht nur verstehen, sondern ich denke ernsthaft darüber nach, ob ich mit Ihrer Initiative nicht sogar sympathisieren sollte. Denn die von der SAP angekündigten Gebührenerhöhungen für Wartungsdienste haben schon sehr stark den Beigeschmack, dass sie vor allem dazu dienen sollen, den Profit des Dax-30-Unternehmens zu erhöhen. Doch Ihre Empörung richtet sich nicht nur gegen die Geldforderungen aus Walldorf, sondern auch gegen die "Art und Weise des Umgangs der SAP mit ihren Kunden". Dieser Punkt interessiert mich ganz besonders, und da bin ich schon sehr gespannt, was Sie dazu nächste Woche Mittwoch sagen werden. Dass Kunden mit den Preisen ihrer Geschäftspartner nicht immer einverstanden sind – gut, das ist Alltag. Aber wenn sich Kunden über das Verhalten Ihres Lieferanten oder Dienstleisters beschweren – und das auch noch vor Publikum –, dann liegt da richtig was im Argen. Da kann man ja fast schon von einem zerrütteten Verhältnis sprechen. Schließlich dürfen wir davon ausgehen, dass es bereits Gespräche und Einigungsversuche gegeben hat – hinter verschlossenen Türen. Offenkundig ohne Annäherung. Der Gang an die Öffentlichkeit ist also so etwas wie die ultima ratio.
Die SAP hat sich eine derart starke Marktstellung erkämpft, dass sie anscheinend glaubt, sich Vieles leisten zu können. Die Kunden sind an dieser Lage natürlich nicht unschuldig. Dennoch oder gerade deshalb ist es jetzt wichtig, der SAP zu zeigen, dass man sich nicht alles gefallen lassen wird. Schließlich ist man Kunde und als solcher doch eigentlich ein König und kein Zulieferer oder Bettler oder dergleichen. Liebe SAP-Mittelstandskunden, ich bin noch mit dem alten Sponti-Spruch groß geworden "Wer sich nicht wehrt, der lebt verkehrt". Dass Sie nun der SAP die Stirn zeigen, ist für mich eine gute Nachricht.
Beste GrĂĽĂźe
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