Treibstoff aus Kohlendioxid?

Forscher nutzen Solarenergie, um aus Kohlendioxid Kohlenmonoxid zu machen, das sich dann wiederum in der Treibstoffproduktion verwenden lässt.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Duncan Graham-Rowe
  • Emily Singer

Wissenschaftler an den Sandia National Laboratories im amerikanischen Albuquerque wollen konzentrierte Sonnenenergie nutzen, um den Verbrennungsprozess, der in Motoren abläuft, umzukehren – und aus Kohlendioxid wieder Treibstoff zu machen. Dazu arbeiten sie derzeit an einem neuartigen Reaktor, der das CO2 chemisch umwandeln kann.

Das Gerät nutze eine zweistufige thermochemische Reaktion, um Kohlendioxid zu Kohlenmonoxid umzubauen, erläutert Nathan Siegel, leitender technischer Mitarbeiter in der Abteilung für Solartechnologie der Sandia-Labors. "CO2 ist ein Verbrennungsprodukt, also kehren wir diese Verbrennung einfach um", sagt er. Das erzeugte Kohlenmonoxid könne dann mit konventionellen Techniken zur Produktion verschiedener Brennstoffe verwendet werden – darunter Wasserstoff, Methanol und sogar Benzin.

In dem Reaktor, der vom Sandia-Forscher Rich Diver entwickelt wurde, steckt ein Ring aus einem keramischen Kobaltferrit-Material, das aus Eisenoxid und Kobalt besteht. Ein großer Solar-Parabol-Konzentrator leitet das Sonnenlicht auf dessen Oberfläche und erhitzt sie auf rund 1500 Grad, was zur Herauslösung des Sauerstoffs führt.

Während des Prozesses rotiert der Ring beständig und das Material, dem der Sauerstoff entzogen wurde, gelangt anschließend in eine zweite, abgetrennte Kammer. In dieser befindet sich das CO2. Da das Kobaltferrit seinen Sauerstoff abgegeben hat, reagiert es sofort mit dem Kohlendioxid und "stiehlt" ihm die Sauerstoff-Atome. Das Endprodukt ist Kohlenmonoxid. Der Prozess läuft kontinuierlich ab – das neu mit Sauerstoff versorgte Keramikmaterial kehrt in die Solarhitzekammer zurück, in der der Sauerstoff neuerlich herausgelöst wird. "Der Prozess funktioniert entweder mit CO2, um Kohlenmonoxid herzustellen, oder mit Wasser, um Wasserstoff zu erzeugen", erläutert Siegel.

So ist zumindest die Theorie der Sandia-Forscher. Das Team hat das Prinzip der verschiedenen Stufen des Reaktors zwar bereits erfolgreich zeigen könne, doch eine funktionierende Gesamtanlage wurde noch nicht demonstriert. Der Prototyp soll nun noch vor Ende des nächsten Frühlings fertig sein: "Er ist zu 95 Prozent bereits aufgebaut", sagt Siegel.

Das keramische Kobaltferrit-Material wurde ursprünglich in Japan entwickelt und lässt sich recht leicht herstellen. Um den Effekt optimal auszunutzen, ist es in Form einer Matrix ineinander verschränkter Stäbe angeordnet, die jeweils einen Durchmesser von einem Millimeter besitzen. Dies ergibt eine besonders große Oberfläche, auf der die Reaktion dann ablaufen kann. Bis Juni soll die genaue Leistungsfähigkeit des neuartigen Reaktors ausgemessen werden. Auf dem Markt könnte er dann innerhalb von fünf Jahren sein.

"Momentan schauen wir uns CO2 an, das wir aus industriellen Quellen beziehen", sagt Siegel. Das echte Potenzial der Technologie liege aber im Auffangen von Klimagas-Emissionen und ihrer Wiederverwendung zur Treibstoffproduktion. "Wir erforschen auch, wie man das CO2 direkt aus der Luft ziehen könnte", meint der Wissenschaftler. Einen solchen Generator könnte man dann nahezu überall platzieren, um CO2 aus der Atmosphäre zu ziehen und direkt nutzbar zu machen. Allerdings liegt bis dahin noch viel Arbeit vor den Forschern.

Trotz des großen Potenzials der Technologie werde derzeit nur wenig daran geforscht, mit Hilfe der Solarenergie aus CO2 Kohlenmonoxid zu machen, sagt Siegel. Dabei schlage dieser Ansatz zwei Fliegen mit einer Klappe: Er fände eine Verwendung für das schädliche Klimagas und nutze die Natur der Sonnenstrahlen optimal. "Man kann so Sonnenenergie speichern, wenn sie reichlich vorhanden ist – und sie dann verwenden, wenn man sie wirklich braucht."

Christian Sattler vom Institut für Technische Thermodynamik am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Köln hält die Sandia-Arbeit für gelungen und prinzipiell wissenschaftlich umsetzbar. "Die Frage ist aber, wie es mit der Effizienz aussieht. Wie viel Energie benötigt man tatsächlich, um diese Reaktion auszuführen?" Möglicherweise sei es lohnenswerter, direkt Strom aus der Sonnenenergie zu erzeugen. (bsc)