Jugendmedienschutz: Länder wollen Werbung für Pornos stoppen

Pornographie soll online nur noch in geschlossenen Benutzergruppen beworben werden. So steht es im Entwurf für einen Jugendmedienschutz-Staatsvertrag. Die Branche wehrt sich gegen ein "Pornowerbeverbot".

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Jugendlicher vor Facebook

Kinder sollen im Netz besser geschützt werden. Kommt dabei die deutsche Porno-Branche unter die Räder?

(Bild: dpa, Jens Wolf/Archiv)

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Der überarbeitete Entwurf für einen neuen Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) bringt die Pornobranche auf die Barrikaden – und nicht nur die. Auch Verbände aus den Bereichen Internet und Rundfunk sind gegen die Initiative. Stein des Anstoßes ist unter anderem eine Klausel im aktuellen Entwurfs, derzufolge Werbung für pornografische Telemedien "nur unter den Bedingungen zulässig” sein soll, “die auch für die Verbreitung des Angebotes selbst gelten". Im Klartext: Reklame für Pornos dürfte es nur noch in geschlossenen Benutzergruppen geben, in die man nur nach Altersprüfung gelangt.

Der Leipziger Medienrechtler Marc Liesching kommt in einem Gutachten zu dem Ergebnis, dass eine solche Vorschrift aus mehreren Gründen verfassungswidrig sei. Es werde nicht nur die Gesetzgebungskompetenz der Länder überschritten, sondern auch unverhältnismäßig in die Meinungs- und Medienfreiheit eingegriffen, heißt es in dem heise online vorliegenden Papier. Für die Telemediensparte würden ferner wesentlich strengere Restriktionen etabliert, als sie in vergleichbaren Medien gälten. Für diesen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz gebe es keine sachlichen Gründe.

Der Bundesverband Erotikhandel (BEH) kritisiert die "verfassungsrechtlich fragwürdige Gesetzgebung". Die Länder gingen von der irrigen Annahme aus, dass "die deutsche Jugend optimal vor der Konfrontation mit jugendgefährdender Pornografie geschützt" werde. Dabei sei unbestritten, dass der allergrößte Teil aller pornografischen Internetangebote völlig ungeschützt und gegen hiesige Gesetze aus dem Ausland angeboten werde.

Die Branchenvereinigung fordert, die Interessen der hiesigen Betreiber von Pornoseiten und ihrer erwachsenen Kunden "mit Augenmaß” zu berücksichtigen. Ein schon vor dem Internetzeitalter bestehendes Werbeverbot für Pornografie habe der Bundesgerichtshof auf Reklame eingeschränkt, die selbst sexuell stark aufreizenden Charakter hat. Mit der Möglichkeit dieser sogenannten "gegenstandsneutralen" Werbung habe die Branche seit Jahrzehnten leben können.

Dass der Schuss nach hinten los geht, befürchtet auch der Digitalverband Bitkom. Ihm zufolge würde der umstrittene Passus als "Totalverbot" auch für zurückhaltende Anzeigen für pornografische Inhalte wirken, selbst wenn diese sich hinter einem Altersverifikationssystem befänden. Dies käme faktisch einem Verbreitungsverbot für solche legalen, zugangsbeschränkten Angebote gleich, da diese nicht mehr auffindbar wären. Nutzer würden so verstärkt zu illegalen Seiten ins Ausland gedrängt, das Schutzniveau für Inhalte insgesamt nähme stark ab.

Ganz ähnlich hat sich der Verband Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT), der zudem auch die grundgesetzlich "garantierte Informationsfreiheit der interessierten Erwachsenen" nicht ausreichend berücksichtigt sieht. Die Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter (FSM) hält die Klausel angesichts der Erfahrungen aus der Praxis nicht für erforderlich und rät, auf sie zu verzichten. (vbr)