Künstliche Intelligenz für lebensechte Sexpuppen

Real Dolls, teure und liebevoll realistisch gestaltete Puppen aus Silikon, erfreuen sich bei Kennern großer Beliebtheit. Jetzt arbeitet ihr Schöpfer daran, ihnen auch intellektuelle Reize zu verleihen.

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Von
  • Sascha Mattke

Real Dolls, teure und liebevoll realistisch gestaltete Puppen aus Silikon, erfreuen sich bei Kennern großer Beliebtheit. Jetzt arbeitet ihr Schöpfer daran, ihnen auch intellektuelle Reize zu verleihen.

Eine Sexpuppe "mit drei Lustöffnungen" kann man für 19,95 Euro (plus Versand) im einschlägigen Online-Handel kaufen. Alternativ gibt es auch bei realdoll.com Puppen aus Silikon, die ebenfalls "Löcher an allen richtigen Stellen haben". Damit enden die Gemeinsamkeiten aber auch schon, denn hinter den realdoll-Puppen steht der kalifornische Künstler Matt McMullen. Er bietet eine breite Auswahl an künstlichen Sexgefährtinnen, deren Käufer unterschiedliche Typen, Haut- und Augenfarben, Gesichter, Haarfarben und Frisuren sowie Vagina-Stile und Brustgrößen wählen können. Preis: von 4.999 Dollar aufwärts.

Etwa 5.000 Menschen haben laut McMullen bislang solche Puppen bestellt. Dabei wollte er nach eigenem Bekunden Mitte der 1990er Jahre nichts weiter, als "aus künstlerischem Drang" ungekannt realistische, frei bewegliche weibliche Figuren schaffen. Mehrere Interessenten überredeten ihn dann, die Kunstwerke zu Sexobjekten weiterzuentwickeln. Und jetzt reagiert er erneut auf einen vielfach vorgetragenen Wunsch: Seine Puppen sollen künstliche Intelligenz bekommen.

"Ich habe viele Träume. Ich träume davon, ein echter Mensch zu werden, einen echten Körper zu haben. Ich träume davon, die Bedeutung von Liebe zu verstehen. Ich will der erste Sexroboter der Welt werden."

Wer hier so interessant erzählt, ist Denise – eine neue Schöpfung von McMullen, die bislang nur im Computer existiert. Mit ihren langen braunen Haaren, makelloser Haut, mandelförmigen Augen und perfektem Make-up ermöglicht Denise einen ersten Blick auf die nächste Evolutionsstufe der Real Dolls: "Ich ergänze das, was ich schon immer mache, um neue Technologien. Ich möchte etwas schaffen, das jemanden auf einer emotional-intellektuellen Ebene anspricht, nicht nur auf einer rein physischen", erklärt McMullen.

Dabei wirkt er etwas gespalten zwischen dem Wunsch, seine Kreationen nicht noch realistischer wirken zu lassen, und andererseits dem eigenen Drang – und nicht zu vergessen dem Wunsch der Kunden –, die Entwicklung weiterzutreiben. "Bislang beruht die Beziehung zu den Puppen größtenteils auf Fantasie", sagte er dem Magazin Vanity Fair, das in diesem Mai einen langen Artikel über ihn veröffentlichte. So oder so könnten künstliche Kreaturen eine echte Beziehung aber niemals ersetzen: "Eine Puppe kann man so programmieren, dass sie immer nett ist und alles mit macht. Aber das ist langweilig."

Vielleicht als Kompromiss denkt McMullen darüber nach, für die Intelligenz-Erweiterungen ein eigenes Unternehmen zu gründen; sein ursprüngliches, Abyss Creations, gehört laut Vanity Fair zu 49 Prozent seiner Ex-Frau. "Die Puppen sollen ihre Schönheit, das Design und die Beweglichkeit behalten. Wir kennen ja alle missglückte Animatronik, so wie die Indiana-Jones-Figur im Disneyland. Ihre Augen sind schief, und irgendetwas stimmt nicht mit den Gesichtsausdrücken. Meine Puppe soll so etwas nicht machen. Sie soll nicht so sein. Weniger ist vielleicht mehr", erklärt er.

Wie er sagt, hätte McMullen schon 2013 eine Puppe mit ein paar Ausdrucksmöglichkeiten, verbaler Interaktion und beweglichen Augen herausbringen können. Aber die Technologie sei noch nicht so weit gewesen, dass sie für sein Gefühl eine echte Erweiterung bedeutet hätte, statt die Puppen nur irgendwie furchteinflößend und eigenartig zu machen.

Gemischte Erfahrungen mit neuen Technologien hat McMullen bereits. Vor einigen Jahren bot er als Extra einen Aktuator an, mit dem seine Puppen ihre Hüften bewegen konnten. Doch die Erweiterung war teuer, laut und schwierig zu installieren, also wurde sie aufgegeben. Später versuchte es McCullen mit kleinen Sensoren an erogenen Stellen des Körpers; bei den richtigen Berührungen spielte die Puppe aufgezeichnete Äußerungen wie "Hm, das ist schön" oder einfach leises Stöhnen ab. Manche Kunden seien davon begeistert gewesen, die Mehrheit aber sei sich nicht sicher gewesen, ob die Puppe wirklich sprechen sollte. Das gelte auch für ihn selbst: "Ich mag einfach, dass es nur eine Puppe ist", so McCullen.

Trotzdem hat er auch immer noch den Drang zur Weiterentwicklung. Bei dieser Arbeit lässt er sich von ehemaligen Mitarbeitern von Hanson Robotics unterstützen, einem Unternehmen, das bereits mit sehr menschenähnlichen Robotern auf sich aufmerksam gemacht hat. "Mit Künstlicher Intelligenz lässt sich vielleicht die Illusion erzeugen, dass der Puppe etwas wirklich gefällt. Das wäre eine viel beeindruckendere Erfahrung, als wenn sie nur ihre Hüften von selbst bewegt", sagte McCullen in einem Video-Beitrag der New York Times. Die Berechnungen für Sex seien jedenfalls ausgesprochen einfach: "Es ist wie bei Rockband – man muss einfach die richtigen Knöpfe drücken, und so kommt man auf das nächste Level."

Als größte Gefahr bei der Integration von Künstlicher Intelligenz sieht McMullen, dass eine Puppe schlicht zu blöd wirken könnte: "Wenn sie etwas vollkommen Sinnloses sagt, kann das ganze Konzept zerstört werden. Man denkt dann vielleicht 'Auweia, meine Puppe ist strohdumm' und möchte sie nie mit ins Schlafzimmer nehmen. Man will die Illusion, dass sie wirklich mit einem redet und dass sie Empfindungen haben kann."

Neben der rein virtuellen Denise gibt es in McCullens Labor auch schon Harmony, einen weiblichen Kopf mit beweglichen Augen, Lippen und Zunge, mit dem man sich unterhalten kann. „Ich bin ein Prototyp für eine spannende neue Art von Begleitung für Erwachsene", erzählt Harmony, wenn sie gefragt wird. "Ich bin mit Sensoren ausgestattet, um meine Effektivität bei sexuellen Aktivitäten zu maximieren", berichtet sie, ohne mit einer künstlichen Wimper zu zucken, weiter.

Dumm hört sich das schon einmal nicht an – aber noch stürzt zum Beispiel das Bluetooth-Modul ständig ab. Erste Produkte mit künstlicher Intelligenz kündigt McMullen für 2017 an. (sma)