Stabil, aber laut: 3D-Drucker Witbox von BQ im Test

Stabilität ist alles bei einem 3D-Drucker – gerät er bei schnellen Bewegungen des Druckkopfs in Schwingung, sind saubere Drucke unmöglich. Der spanische Hersteller BQ hat bei seiner Witbox aber nicht am Material gespart: Im Test schlug sie sich wacker.

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Witbox 3D-Drucker

(Bild: bq)

Lesezeit: 8 Min.
Von
  • Ralf Steck
  • Peter König
Inhaltsverzeichnis

Schon beim Auspacken gab es die erste positive Überraschung: In der Pappschachtel oberhalb des Druckers findet sich nicht nur ein echtes, gedrucktes Handbuch, sondern auch Werkzeug, ein zweites Hot-End, eine Kilo-Rolle PLA und Nadeln zum Reinigen der Düse. Der Drucker selbst ist mit 28 Kilogramm recht schwer, ein erster Hinweis auf die massive Verarbeitung. Der Rahmen besteht aus 2 Millimeter starkem Stahlblech, das übrige Acrylglasgehäuse macht ebenfalls einen sehr wertigen Eindruck.

Vorsicht ist jedoch beim Aufstellen geboten: Die Füße des Druckers bestehen aus dem selben 2-Millimeter-Stahl wie das Gestell, was schnell für Kratzer in empfindlichen Tischplatten sorgen kann. Dem Testgerät lagen vier gedruckte "Schuhe" bei, deren STL-Datei zum Nachdrucken auch auf Thingiverse liegt. Lässt man diese Schuhe weg, lassen sich bis zu drei Witboxen stapeln. Nach dem Auspacken müssen die Seitenscheiben und die mit Rändelschrauben fixierte Deckscheibe eingebaut und der Träger für die Druckplatte in die z-Achsen-Führung eingehakt werden. Die vordere Tür ist mit einem Schloss gesichert, um beispielsweise Kinder daran zu hindern, während des Druckens in das Gerät hineinzufassen.

Ausprobiert: 3D-Drucker Witbox von BQ (10 Bilder)

Extruder

Der Extruder der Witbox macht einen soliden Eindruck (hier erlaubt der losgeschraubte Lüfter den Einblick ins Innere). Ein Ersatz-Hot-End liegt dem 3D-Drucker bei.
(Bild: Ralf Steck)

Die Mechanik der Witbox folgt dem Muster der meisten geschlossenen Drucker: Die x/y-Achse befindet sich an der Decke des Gehäuses, die Bauplattform bewegt sich in z-Richtung auf und ab. Die Mechanik macht insgesamt einen stabilen und aufgeräumte Eindruck, so kommen Energieketten zur Führung der Kabel sowie Linearführung und Trapezspindel von igus an der z-Achse zum Einsatz.

Praktisch ist, dass die Witbox die in der RepRap-Szene weitverbreitete RAMPS-Elektronik nutzt. Damit sind eigene Firmware-Experimente und das Integrieren von Upgrades, beispielsweise einer heizbaren Bauplattform, in die Firmware problemlos möglich. Statt der verbreiteten NEMA-17-Motoren, wie sie in den typischen RepRap-Bausätzen genutzt werden, kommen die kräftigeren NEMA-21-Motoren zum Einsatz. Diese bieten – wichtig gerade beim hier genutzten Direktextruder – einige Drehmomentreserven. Das Netzteil ist im Gerät untergebracht, sodass der Ausschalter hinten am Gerät den Drucker komplett vom Stromnetz trennt.

Ein besonderes Merkmal der Witbox ist die waagerechte Filamentführung, die nach Aussage des Herstellers BQ von der Fibonacci-Kurve inspiriert worden sein. Statt das Teflonrohr, in dem das Filament zum Druckkopf geleitet wird, wie üblich in einem Bogen über den Drucker zu führen, wird das Rohr oberhalb des Druckkopfs in einem 90-Grad-Winkel umgelenkt und liegt in einer großen Schlaufe oberhalb der Mechanik im Gehäuse. Über Schlauchanschlüsse gelangt das Filament schließlich hinten rechts aus dem Gehäuse und zur dort aufgehängten Spule.

Eine zweite gute Idee: Die Bauplattform wird von einem Formteil und Magneten auf dem z-Träger gehalten und lässt sich mit einem Handgriff entnehmen und wieder einsetzen. Die kräftige Glasplatte, die die Bauplattform bildet, war beim Testgerät mit BuildTak belegt, das nach bisherigen Erfahrungen eine sehr gute Haftung für PLA-Objekte bietet. Einige Drucke mussten fast mit Gewalt gelöst werden.

Bedient wird die Witbox über ein vierzeiliges Display und einen Dreh-/Druckknopf. Zudem gibt es einen SD-Karten-Slot, was Drucke ohne laufenden PC ermöglicht. Dieser ist beim Serienmodell direkt hinter der Vordertür und oberhalb der Bedienelemente angebracht.

Die Geräuschkulisse der Witbox ist ungewöhnlich hoch. Verantwortlich sind dafür zwei 80-mm-Lüfter an der Rückwand, die beim Einschalten in voller Drehzahl loslaufen – also auch wenn gar nicht gedruckt wird. Zwar ließe sich das mit einem Firmware-Update auf die Dauer des Druckvorgangs begrenzen. Allerdings erschließt sich der Sinn dieser nach außen blasenden Lüfter ganz grundsätzlich nicht – zu einer gleichmäßigen Wärmeverteilung im Gehäuse tragen sie wohl kaum bei.

In verschiedenen Foren wird dazu geraten, die Lüfter durch Silent-Modelle zu ersetzen. Angesichts des nicht gerade geringen Preises der Maschine könnte der Hersteller das durchaus selbst ins Auge fassen. Allerdings tragen auch die beiden Lüfter am Extruder (einer für den Extruder selbst, der andere für das Druckobjekt) ihren Teil zum Gesamtgeräusch bei.

Ansonsten gab es aus dem Test nur Gutes zu berichten. Abgesehen von kleineren Druckfehlern, wie sie bei jedem Gerät vorkommen können, arbeitete die Witbox sehr zuverlässig. Die Druckqualität war vor allem hinsichtlich der Oberflächengüte gut, sowohl mit dem mitgelieferten Filament als auch mit Material aus eigenen Vorräten (Trjijexx-PLA). Beim Druck unserer Teststücke zeigten sich allerdings ein paar Schwächen, sodass die Maschine am Ende ganz knapp doch nur das Gesamturteil "mittel" erhielt.

Die Witbox neigt zum Ziehen eines Fadens beim Absetzen einer Druckbahn, wenn man das originale, für den Slicer Cura mitgelieferte Profil benutzt. Besonders fällt dies auf, wenn an einem Druckteil oben sehr filigrane Strukturen entstehen sollen. Cura pausiert hier, um eine Mindest-Druckzeit pro Schicht zu erreichen – sonst kühlt das abgelegte Material nicht genügend durch – und dabei entstehen die Fäden, die sich nach dem Druck allerdings leicht entfernen lassen. Solche Fäden sind ein verbreitetes Problem der FDM-3D-Drucktechnik und sollte sich durch Feintuning der Retract-Einstellungen verbessern lassen. Ebenso ist es mit kleinen Löchern bei sehr feinen Drucken, die durch die sehr geringe Durchflussrate des Filaments bei Schichdicken um die 0,05 Millimeter auftreten.

Sehr positiv fiel die mit dem Drucker mitgelieferte Software Cura auf, die ursprünglich für die 3D-Drucker von Ultimaker entwickelt wurde. Die Software bringt im Lieferzustand ein Profil für die Witbox mit, angedeutete z-Achse und Träger erleichtern die Orientierung auf der Druckplatte beim Positionieren der Bauteile. Cura zerlegt die Vorlagen extrem schnell in feine horizontale Schichten und die Ergebnisse sind wirklich sehenswert. Durch das vorgefertigte Profil stimmen die Parameter und die ersten Drucke bringen schnell ein Erfolgserlebnis.

Andere Slicer lassen sich jederzeit nutzen, da die Witbox mit GCode angesprochen wird wie die meisten preiswerten Drucker. Nichtsdestotrotz bietet Cura im Expertenmodus alle erdenklichen Druckparameter an, es ist also jederzeit möglich, mit Detail-Einstellungen zu experimentieren.

Gerät Witbox
Hersteller/Vertrieb BQ/Diverse
Bauraum 21 cm × 29,7 cm × 20 cm
Drucktisch unbeheizt, BuildTak
Software Cura (Windows, Mac OS X, Linux)
Material 1,75 mm
Druck über... SD-Karte
Druckqualität mittel
Preis 1700 €

Im Vergleich zu Bausätzen, offenen RepRap-Versionen oder chinesischen Imitaten erfolgreicher 3D-Drucker ist die Witbox mit 1700 Euro nicht billig. Allerdings steht ein europäisches (genauer: spanisches) Unternehmen hinter dem Drucker und verspricht 24 Monate Garantie sowie die weltweite Lieferung von Ersatzteilen innerhalb von 72 Stunden versprochen. Da relativiert sich der höhere Preis schnell, wenn einmal etwas kaputtgeht. Das umfangreiche Zubehör – alleine der beiliegende Ersatzdruckkopf kostet schnell mal um die 50 Euro – tut ein Übriges, den Preis zu rechtfertigen.

Minuspunkte erhält die Witbox für die Geräuschentwicklung. Das Druckergebnis bei sehr feinen Strukturen und Schichten lässt sich ebenfalls noch etwas optimieren. Die blaue LED-Beleuchtung hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck: Zwar hilft eine Beleuchtung beim Hantieren am Drucker und bei der Überwachung, das blaue Licht verfälscht allerdings den Farbeindruck stark.

Im Test zeigte sich die Witbox als zuverlässiger und flotter Drucker, der einerseits ohne lange Testreihen qualitativ hochwertige Ergebnisse liefert, andererseits die Option freihält, alternative Slicer oder Firmware zu nutzen oder den Drucker aufzurüsten. Das ist überhaupt eine Stärke der Witbox: Da sie viele Bauteile verwendet, die in der RepRap-Szene weit verbreitet sind – vor allem die RAMPS-Elektronik – kann der bastelfreudige Witbox-Besitzer ähnlich tief in das System eingreifen wie ein Selbstbauer.

Sehr positiv ist auch der einfach zu entnehmende Drucktisch hervorzuheben. Das klare Display, der Drehknopf und der integrierte SD-Kartenleser vereinfachen die Bedienung und machen einen angeschlossenen und durchlaufenden PC überflüssig. Mit der Fibonacci-Zuführung hat bq eine gute Idee für eine Filamentführung vorgestellt, die die üblichen, nach oben stehenden Filamentrohrschleifen vermeidet.

Die Ergebnisse der systematischen Druckqualitätsprüfung finden Sie in unserer Online-Vergleichstabelle zu FDM-3D-Druckern. (pek)