Wirtschaftsminister: Beschäftigungsimpulse vom Neuen Markt

Jedes zweite Unternehmen am Neuen Markt kommt aus dem Bereich der Informationstechnologie. Die größten Beschäftigsungsimpulse gehen aber von anderen Bereichen dieses Börsensegments aus.

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  • Richard Sietmann

Jedes zweite Unternehmen am Börsensegment Neuer Markt kommt aus dem Bereich der Informationstechnologie: Die Internet-, Software- und IT-Service-Firmen stellen das stärkste Branchensegment auf der Frankfurter Spezialbörse für innovative Wachstumsunternehmen dar. Gleichwohl gehen von ihnen nicht die stärksten Arbeitsplatzeffekte aus; die "Beschäftigungsschwergewichte" kommen vielmehr aus den Bereichen Industrie, industrieller Dienstleistungen und Telekommunikation in diesem Börsensegment, da die Unternehmen aus diesen Branchen in der Regel bereits vor dem Gang an den neuen Markt eine Vielzahl von Mitarbeitern haben.

Insgesamt hat der Neue Markt seit seiner Gründung im März 1997 erhebliche positive Beschäftigungseffekte ausgelöst. "Die damaligen Hoffnungen sind weit übertroffen worden", erklärte Bundeswirtschaftminister Werner Müller heute bei der Vorstellung eines Gutachtens zur Beschäftigungswirkung des Neuen Marktes, mit dem er die Roland Berger & Partner GmbH beauftragt hatte. Die 269 Unternehmen, die am 5. Juni 2000 – dem Ende des Erhebungszeitraums – am Neuen Markt notiert waren, beschäftigten insgesamt 106.000 Mitarbeiter. Mit einem Mitarbeiter-Durchschnittsalter zwischen 30 und 35 Jahren sind die Firmen durch eine relativ junge Altersstruktur gekennzeichnet; charakteristisch ist ferner der mit rund 51 Prozent hohe Anteil von Naturwissenschaftlern, Technikern oder IT-Spezialisten. Der Studie zufolge sind nahezu 30 Prozent der Stellen erst nach dem Börsengang entstanden. "Das zeigt", betont Roland Berger, "dass sich der Neue Markt nicht nur als Instrument zur Eigenkapitalbeschaffung etablieren konnte, sondern in der Tat zu einer Jobmaschine entwickelt hat."

Mit der Gründung des Neuen Marktes war an der Frankfurter Börse primär ein Segment für kleinere und mittelgroße wachstumsstarke Unternehmen geschaffen worden, um ihnen einen institutionalisierten Zugang zum Eigenkapitalmarkt zu ermöglichen. Die Emittenten sind Firmen aus zukunftsträchtigen, technologieorientierten Branchen sowie Anbieter neuartiger Produkte und innovativer Dienstleistungen, die überdurchschnittliche Umsatz- und Gewinnchancen erwarten lassen. Der Neue Markt bietet jungen Unternehmen der "New Economy" eine wesentliche Quelle für Beteiligungskapital zur Finanzierung eines expansiven Wachstums und bildet mit der Erleichterung des Börsengangs zugleich einen wichtigen Ausstiegsmöglichkeit für Venture-Capital-Fonds, die sich auf die Finanzierung von Startups spezialisiert haben.

Die Zahl der gelisteten Unternehmen ist von 11 im Jahre 1997 auf heute 305 gestiegen. Bis zum Jahresende werden es unter Berücksichtigung der noch anstehenden Neuemissionen 368 mit insgesamt 162.000 Mitarbeitern sein. Bis Ende 2002 prognostiziert Roland Berger 561 notierte Unternehmen mit rund 277.000 Beschäftigten. Von den jüngsten Kurseinbrüchen und Emissionsflops ließen sich weder Wirtschaftsminister Müller noch Roland Berger das positive Bild trüben. Minister Müller sieht darin nur eine Bereinigung überzogener Erwartungen. Der Neue Markt sei "keine Ersatzlotterie oder Spielwiese für Zocker"“, erklärte er bei der Präsentation des Berger-Gutachtens in Berlin; "wichtig scheint mir, dass die Beschäftigungseffekte unabhängig von den Kursschwankungen sind."

Die Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre (SdK) hatte kürzlich Anleger vor dem Kauf von Aktien gewarnt, die an den Neuen Markt gebracht werden. So habe nur die Hälfte der 81 in den ersten sechs Monaten dieses Jahres platzierten Börsenneulinge zur Jahresmitte noch über dem Ausgabepreis notiert. Die Aktionärsvereinigung wirft den Banken vor, die Kandidaten nicht ausreichend auf ihre Börsentauglichkeit zu überprüfen und vermutet, dass in vielen Fällen das "Geschäftsmodell" der Firmengründer der Börsengang selbst und nicht das eigentliche operative Geschäft seien. Die SdK hat im Internet eine Website eingerichtet, über die Anleger vor der Emission die rechtzeitige Veröffentlichung des Verkaufsprospekts und die dort gemachten Angaben zu den Risiken überprüfen können. (Richard Sietmann) / (jk)