Strom aus Abgas-Abwärme

Verbesserte thermoelektrische Materialien sollen den Benzinverbrauch von Fahrzeugen um bis zu zehn Prozent senken können.

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Von
  • Kevin Bullis

US-Forschern ist es gelungen, die Effizienz thermoelektrischer Materialien zu verdoppeln, in dem sie ihre elektrischen Eigenschaften verbesserten. Die Technologie könnte die einfache Produktion von Strom aus Abwärme bald in greifbare Nähe rücken – beispielsweise im Fahrzeugbau.

Bislang werden thermoelektrische Materialien noch kaum zur Energieerzeugung verwendet, weil sie zu teuer und verhältnismäßig ineffizient sind. Um die Effizienz zu steigern, mischten Wissenschaftler um den Maschinenbauprofessor Joseph Heremans an der Ohio State University Bleitelluriden Spuren von Thallium bei. Das thermoelektrische Material wird schon seit Jahrzehnten beispielsweise an Bord von Raumsonden verwendet, um Elektrizität zu erzeugen. Die Zugabe von Thallium verdoppelte die Fähigkeit des Materials, Wärme in Strom umzuwandeln, weil sich dadurch die Spannung erhöhte. Heremans glaubt, dass die erhöhte Effizienz den Kraftstoffverbrauch eines Autos um bis zu zehn Prozent absenken könnte, wenn die Technik als Ersatz für herkömmliche Lichtmaschinen verbaut würde. Als Wärmequelle würden dann Abgase dienen.

Gang Chen, Professor für Maschinenbau am MIT, der die Heremans-Studie kennt, hält sie aus mehreren Gründen für wichtig. Zunächst sei die Effizienzsteigerung in einem einzelnen themoelektrischen Material bereits "durchaus beeindruckend". Konventionelle Bleitelluride setzen nur rund 6 Prozent der Wärmeenergie auch in Elektrizität um. Eingebaut in einem thermoelektrischen Generator könnte das optimierte Material dies auf zehn Prozent erhöhen, elektrische Verluste aus den zusätzlich notwendigen Komponenten bereits einberechnet. Wichtiger sei aber noch, so Chen, dass Heremans Arbeit Forschern eine neue Methode an die Hand gebe, thermoelektrische Materialien zu verbessern. Diese Technik lasse sich womöglich bei einer großen Anzahl experimenteller Materialien verwenden.

Thermoelektrische Materialien sind üblicherweise gute elektrische, aber schlechte thermische Leiter: Der Wärmeunterschied innerhalb des Materials sorgt größtenteils für seine thermoelektrischen Eigenschaften. Fast alle Verbesserungen in diesem Bereich, die in den letzten Jahren vorgenommen wurden, sorgten gleichzeitig für eine Abnahme der Wärmeleitfähigkeit. Heremans und seine Kollegen nutzten nun einen anderen Ansatz, erhöhten die Spannung, die in dem Material entsteht. "Wir sorgen damit dafür, dass die Elektronen härter arbeiten müssen."

Bestehende Techniken zur Verringerung der Wärmeleitfähigkeit könnten nun verwendet werden, um Heremans Lösung weiter zu verbessern. Damit ließe sich die Effizienz womöglich ein zweites Mal verdoppeln, glaubt der Forscher. So würden thermoelektrische Geräte bereits beginnen, zu konventionellen Generatoren aufzuschließen, sagt Jeffrey Snyder, Materialwissenschaftler am California Institute of Technology, der an Heremans' Studie beteiligt war.

Ein Nachteil des neuen Materials ist allerdings, dass Thallium extrem giftig ist. Bei Herstellung und Entsorgung müssten die Hersteller deshalb viel Vorsicht walten lassen. Bei der Verwendung des thermoelektrischen Materials in Fahrzeugen oder anderen Anwendungsgebieten ist dieses zwar gekapselt, stellt deshalb ein geringeres Risiko dar. Trotzdem stellt sich Heremans eine Art Recycling-Programm vor: Die Stromerzeuger ließen sich einfach aus alten Autos ausbauen und in neuen verwenden, da ihre Lebenszeit problemlos für mehrere Fahrzeuggenerationen reiche.

Der Forscher ist optimistisch, dass sich seine Technik schnell kommerzialisieren lässt. Ingenieure hätten bereits seit Jahren Erfahrungen mit Bleitelluriden gesammelt. Erste Produkte wie thermoelektrische Generatoren als Ersatz für Lichtmaschinen könnten in drei bis vier Jahren verfügbar sein. (bsc)