Leichter zum Biotreibstoff

Ein neuer Katalyseprozess soll den thermochemischen Weg zur Ethanolherstellung deutlich vereinfachen.

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Von
  • Duncan Graham-Rowe

Das US-Nationallabor für erneuerbare Energien (NREL), eine Abteilung des amerikanischen Energieministeriums, wird in diesen Tagen mit Tests eines neuen Katalysematerials des Chemieriesen Dow Chemical beginnen, das die Ethanol-Produktion aus stark zellulosehaltiger Biomasse deutlich vereinfachen soll.

Die Partnerschaft könnte einen thermochemischen Prozess hervorbringen, mit dem sich aus Holz- und Maisabfällen problemlos Biosprit mit hoher Ausbeute herstellen lässt. Das NREL will die Dow-Technik nutzen, um aus Syngas, einer Mischung aus Wasserstoff und Kohlendioxid, die bei der Vergasung von Biomasse entsteht, mehrere Alkohole zu machen, darunter auch das in Fahrzeugen nutzbare Ethanol. Geplant sind laut Vertrag der Aufbau einer Pilotanlage sowie eine Untersuchung, ob sich die Technik tatsächlich für die integrierte Industrieproduktion eignet.

Der eingesetzte Katalysator basiert auf Molybdänsulfat und wurde von Dow bereits in den Achtzigerjahren entwickelt. Er soll die Fähigkeit besitzen, den Syngas-Umwandlungsprozess zu verbessern. Falls die Technologie so funktioniert, wie die Partner hoffen, ließe sich die Spritausbeute aus Biomasse deutlich steigern – von 230 bis 300 Litern pro Tonne, die mit existierenden biochemischen Fermentierungsanlagen erzielbar sind, auf bis zu 500 Liter, wie der Dow-Wissenschaftsstratege Mark Jones angibt.

Am NREL wurden bereits thermochemische Reaktionen entwickelt, mit denen aus Biomasse Ethanol erzeugt werden kann. Dazu gehört auch der Vergasungsprozess. Verglichen mit biochemischen Verfahren sei die thermochemische Produktion deutlich schneller, wie Stephen Gorin, leitender Wissenschaftler am NREL, sagt. "Der Durchsatz ist sehr hoch. Wir sprechen hier von Sekunden statt von den Tagen, die biochemische Prozesse benötigen."

Die hohen Temperaturen, die in Vergasungsanlagen verwendet werden, können nahezu jede Biomassequelle zersetzen. Auch der hohe Anteil an Lignin, der in vielen Ausgangsstoffen bis zu 25 Prozent ausmacht, stört nicht weiter. Das bedeutet, dass sich auch nichtessbare Biomasse wie Stängel oder Blätter von Getreide verwenden lässt.

Die thermochemische Produktion wirft allerdings auch Probleme auf – im letzten Stadium der Synthese. Dabei werden Katalysatoren verwendet, um aus dem Syngas eine Mischung aus verschiedenen Alkoholarten herzustellen, die auch Ethanol enthält. Das NREL will diesen Prozess trennschärfer machen, damit mehr Ethanol dabei herauskommt.

Gorin meint, dass die Zusammenarbeit von NREL und Dow hier sehr sinnvoll sei. Die Chemiefirma habe langjährige Erfahrung bei der Herstellung von Katalysatoren und habe mehrfach gezeigt, wie sich eine neue Technik in einem industriellen Maßstab umsetzen lässt.

Dow arbeitet schon seit Längerem an seinem neuen Katalyseprozess, wie Paul Dauenhauer, Chemieingenieur an der University of Minnesota, sagt. Beim thermochemischen Ansatz sei der Katalyseschritt zur Umwandlung von Syngas zu Alkohol stets das Problem gewesen – sowohl bei den Kosten als auch bei der technischen Umsetzung. Ein weiteres Problem sei die Umsetzung zur Massenproduktion. Einfach ist es also nicht, aus einer Pilotanlage eine kommerzielle Fabrik zu machen.

Bei Dow ist man zuversichtlich, dass sich mit dem neuen Katalysator die Ethanolmengen erzielen lassen, die das NREL erreichen möchte. Aber auch Dow-Firmenforscher Jones sieht das Problem der Skalierung. Variablen änderten sich mit der Größenveränderung einer Produktion, egal ob es nun um die dabei entstehende Hitze, die Gestaltung der Ausrüstung oder Probleme wie Verunreinigungen ginge. "Die Massenproduktion des Molybdänsulfat-Katalysators läuft aber bereits." Auch die Ethanol-Produktion mit einer Tonne Biomasse habe man schon gezeigt.

Warum Dow bei dem Projekt mitmacht, ist schnell erklärt: Der Konzern erhält Zugriff auf die Kenntnisse, die man am NREL mit großen Vergasungsanlagen gesammelt hat. Der Chemieriese interessiert sich unterdessen weniger für die Produktion von Biosprit für Fahrzeuge, als für die Reduktion der eigenen Ölabhängigkeit. Die petrochemische Industrie verbraucht zwar nur ein Prozent der gesamten Ölproduktion, doch trotzdem ist sie von den produzierenden Ländern abhängig. "Unser Ziel ist es, unsere Rohstoffposition zu verbessern", erklärt Jones.

Ethanol sei beispielsweise ein gutes Vorläufermaterial für Ethylen, einen Grundbaustein für viele Chemikalien und Kunststoffe. Die Kosten für Öl und Energie verschlingen derzeit etwas weniger als die Hälfte des Dow-Produktionsbudgets. 2007 gab die Firma allein 24 Milliarden Dollar dafür aus.

Die Partnerschaft mit dem NREL will man deshalb möglichst schnell umsetzen. Bereits im Oktober sollen gemeinsame Testläufe mit dem neuen Katalyseprozess starten, so Gorin. Wie die auf drei Jahre angelegte Zusammenarbeit dann weitergeht, ist noch unklar. Die Leistungsziele hält man derzeit noch geheim. (bsc)