Passive Terahertz-Bildgebung statt Nacktscanner
Ganzkörperscanner sind wegen ihrer Auswirkungen auf die Intimsphäre sehr umstritten. Jenaer Forscher arbeiten nun an einer Terahertz-Sicherheitskamera, die Objekte mit Gefährdungspotenzial erfassen kann, ohne dabei anatomische Details aufzuzeichnen.
- Anette Weingärtner
In Amsterdam, Zürich und London kommen sie auf Flughäfen bereits zum Einsatz: die sogenannten "Nacktscanner" erscheinen vielerorts schon als Mittel der Wahl zur Enttarnung von Terroristen. Bei diesen Maschinen handelt es sich um moderne Abtasteinheiten, die zumeist unter Einsatz von schmalbandiger Millimeterwellenstrahlung geringer Intensität Menschen buchstäblich unter die Kleidung schauen können. Dadurch ist es zwar möglich, beispielsweise metallische Gegenstände wie Pistolen oder andere Waffen zu entdecken. Gleichzeitig werden dabei jedoch auch detailgenaue Nacktbilder in schwarz-weißer Fotoqualität von den Reisenden erstellt.
Von diesen Geräten unterscheidet sich der am Institut für Photonische Technologien (IPHT) in Jena entwickelte Prototyp einer verbesserten Sicherheitskamera durch zweierlei Aspekte: Zum einen arbeitet er im Terahertzbereichzum anderen zeichnet er nur das auf, was die Person von sich aus abstrahlt. "Passiv erstellte Bilder sind im Unterschied zu beleuchteten frei von jeglichen Schattenwürfen und damit "blind" für anatomische Details", erläutert Torsten May, wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Quantendetektion am IPHT, die Vorzüge der Technologie. Damit sei eine Verletzung der Intimsphäre ausgeschlossen und auch eine Gesundheitsgefährdung bestehe auf Grund des passiven Aufnahmemodus nicht.
Den Forschern ist es gelungen, ein Problem zu lösen, das sich bei der Entwicklung von Terahertz-Kameras bisher stellte: Schon im Infrarotbereich sind die Eigenemissionen von Körpern relativ schwach. Bei Terahertz-Frequenzen sind diese nochmals eine Größenordnung schwächer und für konventionelle Detektoren nicht mehr nachzuweisen, da sie im Hintergrundrauschen untergehen.
Einen Ausweg aus diesem Dilemma haben die Forscher dadurch gefunden, dass sie ultraempfindliche gekühlte Detektoren auf einer bolometrischen Basis entwickelt haben. Bolometer gehören zu den empfindlichsten Strahlungsdetektoren und messen den von einer einfallenden Strahlung erzeugten Temperaturanstieg in einem Absorbervolumen. "Das bolometrische Prinzip funktioniert grundsätzlich unabhängig von der Frequenz der einfallenden Strahlung. Man muss nur dafür sorgen, dass die Frequenz, welche detektiert werden soll, auch effektiv absorbiert wird und andere Signale möglichst vollständig abgeblockt werden", erläutert May.
Das Problem, dass die Nachweisempfindlichkeit eines Bolometers durch das nahezu unvermeidliche thermische Rauschen limitiert wird, konnten die Forscher des IPHT ebenfalls lösen: Ihr Bolometer arbeitet bei sehr tiefen Temperaturen nahe dem absoluten Temperaturnullpunkt und setzt modernste supraleitende Elektronik zur Temperaturmessung ein. Dabei besteht der Absorber für die Terahertz-Wellen (THz) aus kleinen, lithographisch hergestellen Dipolantennen. Zur Temperaturmessung verwenden die Wissenschaftler einen Supraleiter aus Molybdän. Ausgelesen wird der Detektor mit einem extrem rauscharmen Verstärker auf Supraleiterbasis. "Dadurch ist es möglich, mehrere Detektorenkanäle zu einem Ausgangssignal zu mischen und durch intelligente Elektronik später wieder zu zerlegen", erläutert May die Vorteile dieser Verstärkertechnologie.
In Verbindung mit einer computergesteuerten Datenerfassung ermöglicht der am IPHT hergestellte Detektor den Nachweis einer extrem kleinen Strahlungsleistung von etwa 10 hoch minus 16 Watt. Da die Eigenemissionen des menschlichen Körpers im THz-Bereich bei etwa 10 hoch minus 14 Watt liegen, kann dieser Detektor ein rein passives THz-Abbild von Personen erstellen.
Als Demonstrator für die prinzipielle Funktionalität einer THz-Kamera haben die Jenaer Forscher mittlerweile einen Prototypen mit einem 7-Pixel-Empfängerarray und einem Spiegelsystem für eine passive Abbildung von Objekten aus einer Distanz von fünf Metern konstruiert. Das Spiegelsystem, das aus einem 40 cm-Hauptspiegel aus Aluminium und einem 10 cm-Sekundärspiegel besteht, orientiert sich an teleskopischen Vorbildern aus der Radioastronomie. Da man bei Verwendung eines einzelnen Detektors die zu untersuchende Person mit einem geeigneten Scanner abrastern muss, ist der Sekundärspiegel in zwei Achsen verkippbar.
Der Dermonstrator des IPHT ist zwar ein erster Schritt in Richtung einer THz-Kamera. Doch bis zu deren Realisierung sehen sich die Jenaer Forscher noch vor einige Herausforderungen gestellt. "Bislang ist der aufgenommene Bildausschnitt noch zu klein und die Geschwindigkeit der Bildaufnahmen ist zu gering. Zudem gilt es, die Pixelzahl zu erhöhen", sagt Torsten May.
Doch seit den Anfängen des seit 2007 vom Bundesministerium für Forschung und Bildung geförderten Projektes hat sich schon einiges getan: Während die Geschwindigkeit der Bildaufnahme noch vor einem Jahr bei 25 Sekunden pro Aufnahme gelegen hat, ist es den Wissenschaftlern inzwischen möglich, eine Bildaufnahme pro Sekunde zu produzieren. Mit einem Zwischenschritt von 10 Bildern pro Sekunde wollen die Forscher bis 2010 sogar 25 Bildaufnahmen in einer Sekunde erzielen.
"Wir wollen den Sensor mit einem robusten Industriesystem verbinden. Das von uns erarbeitete Konzept bietet ein genĂĽgend hohes Potenzial fĂĽr die Entwicklung einer vollwertigen Videokamera", sagt May. (bsc)