144 Todesfälle bei Roboter-Operationen in den USA

Die Verbreitung von chirurgischen Robotern nimmt drastisch zu. Wie eine neue Studie zeigt, kann es dabei zu Verletzungen und sogar Todesfällen kommen – vor allem bei bestimmten Arten von Operationen.

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  • TR Online

Die Verbreitung von chirurgischen Robotern nimmt drastisch zu. Wie eine neue Studie zeigt, kann es dabei zu Verletzungen und sogar Todesfällen kommen – vor allem bei bestimmten Arten von Operationen.

Operationsroboter haben zwischen 2000 und 2013 eine Rolle beim Tod von 144 Menschen in den USA gespielt. Das geht aus Daten der US-Gesundheitsbehörde Food and Drug Administration (FDA) hervor. Dabei zeigt sich, dass manche Formen der Roboter-Chirurgie gefährlicher sind als andere: Die Todesrate bei Kopf-, Hals- und Herzoperationen ist fast zehnmal so hoch wie bei anderen Eingriffen.

Die Verbreitung von Operationsrobotern ist in den vergangenen Jahren drastisch gestiegen. Von 2007 bis 2013 wurden in den USA mehr als 1,7 Millionen Eingriffe durch Roboter vorgenommen, die große Mehrzahl davon in Gynäkologie und Urologie. „Trotzdem gab es bislang keine umfassende Studie über die Sicherheit und Zuverlässigkeit von Operationsrobotern“, schreiben Jai Raman und Kollegen von Rush University Medical Center in einer aktuellen Studie.

Um das zu ändern, analysierten die Forscher Akten der FDA, die vorschreibt, dass jegliche Zwischenfälle bei Operationen mit Robotern gemeldet werden müssen. Die Datenbank dafür heißt Manufacturer and User Facility Device Experience oder kurz MAUDE. Sie enthält sowohl freiwillige als auch Pflichtmeldungen, die von 2000 bis 2013 eingereicht wurden.

Insgesamt zählten Raman und Kollegen mehr als 10.000 Berichte über Roboter-Operationen, die in gut 1500 Fällen negative Auswirkungen auf die Patienten beschrieben. Im Durchschnitt bedeutet das rund 550 problematische Vorkommnisse pro 100.000 Operationen.

Die Zahl der Roboter-Operationen ist im untersuchten Zeitraum drastisch gestiegen, so dass sich auch die Zahl der Toten und Verletzten seit 2006 um mehr als den Faktor 30 erhöht hat. Die Quote der Probleme ist jedoch relativ konstant geblieben.

Die Forscher teilen die Vorkommnisse in fünf Kategorien ein. Bei 193 Patienten kam es von 2000 bis 2013 zu Verbrennungen, weil die Technik Lichtbögen oder Funken auslöste. Eine weitere Kategorie umfasst Zwischenfälle, bei denen verbrannte oder gebrochene Teile in den Körper von Patienten fielen – dergleichen kam 100-mal vor und tötete einen Menschen. Unkontrollierte Bewegungen der Instrumente verletzten 52 Patienten und töteten zwei. Weitere 800 Vorkommnisse betrafen Systemfehler wie den Verlust von Videoaufzeichnungen.

Interessant: Die Datenbank nennt zwar 144 Todesfälle bei Roboter-Operationen, doch nur bei einem kleinen Bruchteil davon wurden die genauen Umstände erfasst. Allgemein wurden 60 Prozent dieser Fälle durch Fehlfunktionen ausgelöst, der Rest wurde auf Faktoren wie falsche Bedienung und das grundsätzliche Risiko von Operationen zurückgeführt.

Die Tatsache, dass manche Operationsarten riskanter sind als andere, gibt Anlass zur Sorge. „Die höhere Zahl von Verletzungen, Todesfällen und Abbrüchen pro Problemfall bei Herz-, Kopf- und Halsoperationen könnte sich indirekt durch die höhere Komplexität dieser Eingriffe erklären lassen“, heißt es in der Studie.

Für potenzielle Patienten dürfte das nicht beruhigend sein – ebenso wenig wie die Tatsache, dass die Art der Datensammlung durch die FDA vermuten lässt, dass die Daten die wahren Todes- und Verletzungszahlen fast mit Sicherheit zu niedrig erscheinen lassen.

Die deutliche Mehrheit der Roboter-Operationen verläuft ohne Probleme. Allerdings haben Raman und Kollegen gezeigt, dass es bei einem signifikanten Anteil eben doch Zwischenfälle gibt, auch wenn die nicht immer zu Verletzungen oder gar dem Tod führen. „Tausende Patienten und Operationsteams hatten mit Fehlfunktionen bei Geräten und Instrumenten zu tun, die Komplikationen auslösten und die Operationen länger machten“, so die Studie.

Was darin allerdings fehlt, ist ein Vergleich mit den Verletzungs- und Todesquoten bei Operationen ohne Roboterhilfe. Ohne diese Information lässt sich kaum sagen, ob Roboter die Lage insgesamt verbessern oder verschlechtern.

Mit Sicherheit gibt es jedoch noch Potenzial für Verbesserungen: „In Zukunft sollten genauere Untersuchungen von Zwischenfällen und bessere Meldemechanismen sowie stärker sicherheitsorientierte Design-Techiken entwickelt werden, um die Quote der Zwischenfälle zu senken“, schreiben die Forscher. ()