Ferngesteuerte Käfer für die US-Armee

Forschern ist es erstmals gelungen, die Flugrichtung eines Insekts drahtlos über ein neuronales Implantat zu kontrollieren.

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Von
  • Emily Singer

Wissenschaftler an der University of California, Berkeley, haben eine Riesenkäferart mit implantierten Elektroden und einen Funkempfänger ausgestattet und konnten den Flug des Insekts darüber mit einfachen Impulsen steuern. Ein Kontrollcomputer sendet dazu passende Signale an einen kleinen Aufsatz am Körper des Tieres, der sie wiederum in elektrische Impulse an die Elektroden umwandelt. So konnten die Teilnehmer des von der Militärforschungsbehörde DARPA mitfinanzierten Projekts unter anderem zeigen, dass der Käfer auf Befehl startete, landete, nach rechts oder links flog oder frei schwebte. Die gewonnenen Erkenntnisse zur Steuerung des Organismus könnten für zahlreiche Anwendungsbereiche verwendet werden, hofft man bei der US-Armee – von Überwachungsmissionen bis hin zu Rettungsmaßnahmen.

Käfer und andere fliegende Insekten sind wahre Meister darin, ihren Flug zu kontrollieren. Sie kombinieren dazu sensorische Informationen aus ihrem optischen System mit ihren anderen Sinnen zu einem effektiven Gesamtbild. Sie bleiben dabei stets problemlos in der Luft und verbrauchen erstaunlich wenig Energie. Forscher versuchen schon lange, ihre dabei verwendete Technik zu entschlüsseln und nachzuahmen. Michel Maharbiz und seine Berkeley-Kollegen setzen nun stattdessen darauf, die natürlichen Fähigkeiten der Tiere mit maschineller Steuerung zu kombinieren. Seine Gruppe schuf bereits so genannte "Cyborg-Käfer", die bereits im Puppenstadium elektronische Bauteile enthielten. Sein nun gezeigtes Fluginsekt ist jedoch die erste gelungene Demonstration einer drahtlosen Fernsteuerung solcher veränderter Tiere.

Die "Fracht", die der Käfer tragen muss, besteht aus einem Standardmikroprozessor, einem Funkempfänger und einer Batterie, die an einer selbst gestalteten Platine hängen. Sechs Elektroden sind in die Sehlappen und Flugmuskeln des Tieres implantiert. Die Flugkommandos kommen von einem Laptop, der sie drahtlos abschickt. Oszillierende elektrische Impulse, die auf die Sehlappen ausgeübt werden, führen dazu, dass das Insekt abhebt, ein einzelner kurzer Impuls beendet den Flug. Signale an die linken und rechten Basisflugmuskeln sorgen dafür, dass das Tier nach rechts und links (und umgekehrt) fliegt.

Die meisten früheren Versuche, das Flugverhalten von Insekten zu kontrollieren, konzentrierten sich auf Motten. Käfer haben allerdings verschiedene Vorteile: Die Größe der von den Berkeley-Forschern verwendeten Art (bis zu zehn Gramm schwer, bis zu acht Zentimeter lang) bedeutet, dass sie relativ schwere Komponenten tragen können. Für Rettungsmaßnahmen würden dem Insekt beispielsweise eine kleine Kamera und ein Wärmesensor als Rucksack aufgesetzt.

Auch stellte Maharbiz fest, dass sich der Flug des Käfers recht einfach beeinflussen lässt. Es reicht ein einziges Signal – und das Tier kümmert sich um den Rest. "Das erlaubt es, dass die Kontrolle der Flügelstellung weiter normal funktioniert", erläutert Jay Keasling, der mit Maharbiz zusammenarbeitet und seine Studie kennt. Da so wenige Befehle notwendig sind, wird auch Strom gespart: Das Implantat hat also eine lange Lebensdauer. Motten benötigen hingegen ständig Impulse, um weiter auf Kurs zu bleiben. Das Berkeley-Team profitiert bei seiner Arbeit unter anderem von der Miniaturisierung der notwendigen Komponenten – darunter der Steuerchips, Funkempfänger und Batterien. (bsc)