Sind 150 Jahre Darwin nicht genug?

Missverstanden, verleumdet, als wenig relevant abgetan: 150 Jahre nach Veröffentlichung seiner Theorie zur Evolution des Lebens und 200 Jahre nach seiner Geburt muss Charles Darwin immer noch um Anerkennung kämpfen - in der öffentlichen Meinung.

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Von
  • Peter Monnerjahn
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"Angenommen, das grundlegendste und allgemeinste Prinzip einer gegebenen Wissenschaft wäre seit einhundert Jahren bekannt und seitdem zum wichtigsten Fundament des Denkens und Forschens dieser Disziplin geworden. Sicher würde man dann denken, dass dieses Prinzip von jedermann als Fakt hingenommen würde, der auch nur im geringsten Maße mit dieser Disziplin in Berührung gekommen ist", klagte der amerikanische Biologe G.G. Simpson bereits vor rund 50 Jahren. "Denkt man das allerdings über die Biologie, so liegt man falsch."

Anlass dieser Klage war das 100-jährigen Jubiläums der Veröffentlichung von Darwins "On the Origin of Species" (dt. "Die Entstehung der Arten"). Doch viel hat sich (auch in Deutschland) an dieser Situation nicht geändert: In der Schulbiologie wird das Thema Evolution meist als eines der letzten behandelt; Politiker und Kirchenvertreter, also vermeintliche Eliten, äußern sich über Evolution gern so, dass sie mangelnden Sachverstand einfach durch umso größere Überzeugung wettmachen; und selbst führende Zeitungen füllen ihre Seiten lieber mit Nebensächlichkeiten, Anekdoten oder die Tatsachen auf den Kopf stellenden Klischees, als zu erklären, was es mit Darwins Theorie denn eigentlich auf sich hat.

Woher kommen wir? Diese scheinbar einfache Frage hatte bis weit ins 18. Jahrhundert hinein eine scheinbar einfache Antwort: Gott. Wir sind die Geschöpfe eines größeren Geistes. In einer offenbar so geordneten Welt, in der alle Teile bewundernswert ineinandergreifen, liegt es nahe, eine ordnende Hand zu postulieren, deren intelligenter Besitzer der Schöpfer der Welt ist. Die bekannteste Version des so genannten teleologischen Arguments (auch "argument from design") ist wohl die "Uhrmacher-Analogie" des britischen Philosophen William Paley aus dem Jahr 1802: Stieße er während eines Heide-Spaziergangs mit dem Fuße gegen einen Stein, so würde er sich kaum fragen, wie der Stein wohl dort hingekommen sei, da er plausiblerweise schon immer dort gelegen haben könne. Stieße er hingegen auf eine Uhr, so käme er nicht umhin zu denken, dass zu irgendeinem Zeitpunkt ein Uhrmacher existiert haben müsse, der die Uhr für den Zweck erschaffen habe, den sie augenscheinlich erfüllt. Zu guter Letzt sieht Paley – in seinem letzten Argumentationsschritt – ebensolche Zweckmäßigkeit, Ordnung und Komplexität in der Natur, womit für ihn bewiesen schien, dass es auch einen Schöpfer der Welt geben muss.