Flexible Touchscreen-Bildschirme fürs Militär

Das US-Militär darf sich bald über die Lieferung der ersten biegbaren Touchscreens freuen.

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Von
  • Duncan Graham-Rowe

US-Forscher haben erstmals Bildschirme aus elektronischem Papier entwickelt, die sowohl flexibel als auch berührungsempfindlich sind. Ziel sind neuartige mobile Geräte mit großer Robustheit. Erster Kunde ist das US-Militär.

Schon seit einigen Jahren versuchen mehrere Hersteller, Displays zu bauen, die sich stärker an Papier orientieren als aktuelle LCDs, wie sie in Desktop-Monitoren und Laptops stecken. E Ink aus dem amerikanischen Cambridge liefert bereits entsprechende Modelle aus, die etwa in Amazons E-Book-Lesegerät Kindle oder dem konkurrierenden Sony Reader stecken. Die Schirme bestehen aus einer Schicht aus Mikrokapseln mit schwarzen und weißen Partikeln im Bereich von unter einem Mikrometer Größe und lassen sich besonders gut bei direkter Sonneneinstrahlung ablesen. Zudem muss immer nur dann Strom aufgewendet werden, wenn das Bild neu aufgebaut wird.

Doch damit nicht genug. Nächster Schritt in der Entwicklung ist es, solche Displays auch biegsam zu machen. Das erste Gerät aus einem solchen flexiblen elektronischen Papier, der Readius, soll noch in diesem Jahr erscheinen. Er enthält ein E Ink-Display, das von Polymer Vision aus den Niederlanden weiterentwickelt wurde und ausrollbar sein soll.

Sri Peruvemba, Marketing-Vizepräsident bei der Philips-Ausgründung, sieht darin aber nur den ersten Schritt. Der nächste sei die Schaffung einer berührungsempfindlichen Variante. Das stelle eine ganz neue technische Herausforderung dar. Es gebe zwar mehrere Methoden, Touchscreens zu bauen, doch die meisten seien nur für einen starren Schirm gedacht.

Resistive Touchscreens, wie sie beispielsweise im tragbaren Videospiel Nintendo DS stecken, nutzen Kontaktpunkte zwischen zwei verschiedenen leitenden Schichten. Biege man diese Schichten, ergäben sich Fehlimpulse, sagt Jan Kaminski, Bildschirmingenieur am "Flexible Display Center" (FDC) der Arizona State University, wo das neue flexible berührungsempfindliche Display zusammen mit E Ink entwickelt wurde. "Bei resistiven Bildschirmen benötigt man eine Lücke zwischen den Schichten, die ständig vorhanden sein muss."

Kapazitive Touchscreens, die beispielsweise in Apples iPhone stecken, nutzen dagegen einen leitenden transparenten Film aus Indiumzinnoxid, einem Material, das ebenfalls ungern gebogen wird. "Es ist ein spröder, keramikartiger Stoff", sagt Kaminski. Berührungsempfindliche Bildschirme, die Veränderungen beim Lichteinfall oder Vibrationen auf der Oberfläche messen, helfen auch nicht weiter, weil ein Verbiegen auch hier zu Signalstörungen führt.

Der einzige verbleibende Ansatz sind induktive Touchscreens, obwohl auch diese ihre Herausforderungen mitbringen. Solche Schirme setzen üblicherweise auf magnetisierte Stifte, um ein Feld in einer Sensorschicht auf der Rückseite des Displays zu induzieren. Diese Schicht kommt zwar mit Biegebewegungen zurecht und entsprechende Systeme sind bereits seit längerem kommerziell erhältlich. Doch die meisten flexiblen Displays enthalten derzeit eine sehr dünne Edelstahlschicht als Rückwandplatine, die dem Bildschirm erlauben, flexibel und gleichzeitig steif genug zu bleiben. Das Problem: Das enthaltene Metall agiert als Barriere für die elektromagnetischen Felder, die induktive Touchscreens erst möglich machen.

Um dieses Problem zu umgehen, nutzt das FDC-Team ein alternatives Material für die Rückwandplatine: Eine Kunststoffstruktur, die von DuPont entwickelt wurde und sich Teonex nennt. Sie wird bereits für die Herstellung von Dünnfilmtransistoren verwendet und bietet genügend Unterstützung für den Bildschirm, erlaubt aber gleichzeitig die notwendige Induktion, damit dieser berührungsempfindlich bleibt.

Polymer Vision-Mann Peruvemba zufolge wird auch die Bildqualität nicht reduziert, weil die Sensortechnik hinter dem Display steckt. Das ist besonders wichtig, weil die E Ink-Produkte auf eine Reflexion des Umgebungslichtes setzen und kein stromfressendes Backlight brauchen.

Prototypen des neuen Schirms wurden bereits einem harten Testparcours unterzogen. Erster Abnehmer der Technik werde das US-Militär sein, sagt Shawn O'Rourke, Ingenieursdirektor am FDC. So interessiert sich das Pentagon besonders für tragbare Bildschirme, die nicht brechen können. Die meisten Displays im Einsatz der Truppe setzen heute auf einen Glasuntergrund, was sie im Kampfeinsatz unbrauchbar macht. "Die Soldaten brauchen dünne, leichte Bildschirme, die stabil sind und wenig Strom benötigen." (bsc)