Neue Datenschutzregeln für die Polizei entzweien die EU-Staaten

629 Einwände haben die EU-Länder gegen den Entwurf für eine Datenschutzrichtlinie für den Strafverfolgungsbereich auf 149 Seiten vorgebracht. Es geht etwa um Transfermöglichkeiten und Löschpflichten.

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EU-Baustelle

(Bild: EU-Kommission)

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Die geplante EU-Datenschutzrichtlinie für Polizei und Justiz ist im EU-Rat nicht weniger umstritten als ihre "große Schwester", die bereits weiter gediehene Grundverordnung. 629 Vorbehalte haben die Mitgliedsstaaten gegen den ursprünglichen Entwurf der EU-Kommission zu Papier gebracht. Das Geheimdokument des Generalsekretariats des Ministergremiums von Ende Juni, das den Streit wiedergibt, hat die Bürgerrechtsorganisation Statewatch jetzt veröffentlicht.

Fünf Mitgliedsstaaten, zu denen Deutschland, Österreich und die Niederlande gehören, haben demnach prinzipielle Bedenken schon gegen die Reichweite der Richtlinie. Es sei drei Jahre nach der Kommissionsinitiative noch immer unklar, wie weit die beabsichtigte "Harmonisierung" überhaupt gehen solle. Die Bundesregierung hat angefügt, dass die "bestehenden Verfahrensregeln" für die Strafverfolger durch Datenschutzregeln "nicht geändert oder eingeschränkt werden dürften".

Das kommt eigentlich einer Ansage gleich, die von Brüssel geöffnete Akte am besten gleich wieder zuzumachen und es beim derzeitigen, von Datenschützern als sehr löchrig kritisierten Rahmenbeschluss für den Sektor der inneren Sicherheit zu belassen. Das EU-Parlament und die Kommission bestehen aber darauf, die Verordnung und die Richtlinie als Paket bis Ende des Jahres zu verabschieden.

Das Bundesinnenministerium rügt weiter, der zu erwartende Aufwand und die auf die Strafverfolgungsbehörden zukommenden bürokratischen Belastungen seien nicht ausreichend berücksichtigt worden. Gemeinsam mit vielen anderen EU-Staaten wundert sich Deutschland zudem, wieso das Polizeiamt Europol und die Staatsanwaltschaft Eurojust nicht in die Richtlinie einbezogen werden sollen. Die Kommission hält dem entgegen, dass eine solche Direktive generell nur für Einrichtungen der Mitgliedsländer gelten könne, aber später auf die EU-Institutionen übertragen werden solle.

Die Bundesregierung moniert darüber hinaus, dass der Transfer persönlicher Strafverfolgungsdaten an Drittländer oder internationale Organisationen so wie vorgesehen nicht ausreiche. So sei es wichtig, vor allem im Kampf gegen Cybercrime und Terrorismus etwa IP-Adressen und andere Daten über Kinderschänder und "ausländische Kämpfer" auch an private Stellen wie Provider oder Hotlines weitergeben zu können. Unterstützt wird Deutschland dabei unter anderem von den Niederlanden, Finnland und Schweden.

Zu den weiteren größeren Streitpunkten gehören die vorgesehenen Rechte, um unkorrekte personenbezogene Informationen zu löschen oder zu korrigieren oder die Bedingungen, unter denen von einer Datenpanne oder einem Sicherheitsleck Betroffene bei Ermittlungsbehörden informiert werden müssten. Strittig ist auch die Frage, ob Bürger der Polizei überhaupt "freiwillig" eine Datennutzung einräumen können. Einen gemeinsamen Standpunkt zu der Richtlinie will der Rat bis Oktober erarbeiten. (anw)