Voll auf die Zellwand

Biokraftstoffe aus Algen sollen das Problem vermeiden, wertvolles Ackerland für Energiepflanzen zu verschwenden. Ein neues Verfahren könnte den bislang dazu nötigen Aufwand an Energie und Maschinen deutlich verringern.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Monica Heger

Seit Biokraftstoffe aus Energiepflanzen in die Kritik geraten sind, wird an neuen Verfahren gearbeitet, die andere Arten von Biomasse verarbeiten können. Algen etwa hätten den Vorteil, dass sie kein wertvolles Ackerland für Nahrungspflanzen beanspruchen. Die Firma OriginOil aus Los Angeles hat nun eine Methode vorgestellt, mit der Öl noch einfacher und effizienter aus Algen gewonnen werden könnte.

Mittels einer Kombination aus Ultraschall und einem elektromagnetischen Puls werden zunächst die Zellwände der Algen aufgebrochen. Anschließend wird der Algenlösung massiv Kohlendioxid zugesetzt. Dadurch senkt sich der pH-Wert der Lösung, was dazu führt, dass sich die Biomasse vom entstehenden Öl trennt. „Das Ganze verbraucht wenig Energie und benötigt keine aufwändige Maschinerie“, sagt Riggs Eckelberry, CEO von OriginOil. Algen und Ölphase könnten innerhalb weniger Minuten separiert werden.

Eine Reihe von Unternehmen nutzt zwar inzwischen die Tatsache, dass Algen auf natürliche Weise Öl produzieren. Dieses aus der Algenmasse herauszuziehen, war jedoch bislang zeitraubend und teuer. Einige Firmen versuchen, den Anfang des Prozesses, also das Wachstum und die Ölproduktion der Algen, zu verbessern. Andere wie OriginOil konzentrieren sich auf die Ölentnahme.

Weil die Wände von Algenzellen fest sind, ist es schwierig, an das Öl heranzukommen, das im Zellinnern gebildet wird. Zudem müssen die Algen aus dem Wasser, in dem sie wachsen, herausgeholt und getrocknet werden, bevor die Ölentnahme beginnen kann. Die geschieht üblicherweise mittels Pressen. Die zurückbleibende Algenpulpe wird dann mit einem Lösungsmittel versetzt, um auch noch die letzten Ölreste zu entfernen. Damit lassen sich zwar 95 Prozent des Öls herausholen, der Prozess verbraucht jedoch viel Energie.

Ein anderes Verfahren verzichtet auf Pressen und behandelt die Algenpulpe mit superkritischen Flüssigkeiten, die fast das gesamte Öl herauslösen. Nachteil hier sind Spezialmaschinen, die die Kosten erhöhen. Eine dritte, ebenfalls technisch nicht gerade einfache Möglichkeit: Die Algen werden gentechnisch so verändert, dass sie das von ihnen gebildete Öl von selbst ausscheiden.

OriginOil geht das Problem ganz anders an: Die Lösung mit den ölhaltigen Algen wird durch eine Leitung gespült, in der ein elektromagnetisches Feld und Ultraschall auf sie einwirken. Dabei brechen die Zellwände auf, wodurch sich der pH-Wert senkt. In die Lösung werden dann Kohlendioxid-Blasen eingeleitet. Am Ende der Leitung strömt die so behandelte Lösung in einen Behälter, in der sich Biomasse und Öl von selbst trennen – das Öl setzt sich als eigene Phase an der Oberfläche ab, wo es leicht abgeschöpft werden kann. Die Algenrückstände können weiterverarbeitet werden, und das Prozesswasser wird recycelt.

Die Technologie mache einen vielversprechend Eindruck, sagt Leonard Wagner von Mora Associates in London, der 2007 einen Report über Biokraftstoffe aus Algen erstellt hat. „Die Industrie hat allerdings einen ziemlichen Hype durchgemacht“, schwächt Wagner voreilige Hoffnungen ab. Er schätzt, dass es vier bis fünf Jahre dauere, bis das Verfahren von OriginOil kommerziell eingesetzt werden könnte. Dass mit ihr ein nennenswerter Anteil an Biokraftstoffen produziert werde, sei wohl erst in zehn Jahren zu erwarten.

Konkurrenzfähig zu fossilen Kraftstoffen werde Algenbiokraftstoff erst bei 50 Dollar pro Fass, sagt Wagner. Al Darzins, Bioenergie-Experte am amerikanischen National Renewable Energy Laboratory, weist darauf hin, dass sich mit den derzeitigen Technologien der Fasspreis zwischen 400 und 1600 Dollar bewege. Um irgendwann wirtschaftlich zu sein, dürften die Firmen Öl aus Algen nicht nur als Biokraftstoff verkaufen, meint Darzins, sondern zum Beispiel auch als Öl zum Kochen. Die proteinreiche Biomasse ließe sich als Tierfutter weiterverwerten.

OriginOil-Chef Riggs Eckelberry kann sich auch vorstellen, die Algenanlagen neben fossilen Kraftwerken aufzubauen. Das dort entstehende Kohlendioxid würde dann als Nährstoff in den Algentanks verwendet. Das könnte überall da, wo CO2-Zertifikate gehandelt werden, ein gutes Konzept sein, sagt Eckelberry. (nbo)