Selektoren-Streit: G10-Kommission will Bundesregierung verklagen

Um die umstrittenen NSA-Selektoren einsehen zu können, will die G 10-Kommission nun offenbar vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Das muss aber noch geprüft werden. Weil es solch einen Schritt noch nie gegeben hat, ist nicht klar, ob das möglich ist.

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Deutscher Bundestag

Die G 10-Kommission wird vom Bundestag berufen, ist aber unabhängig.

(Bild: Umberto Nicoletti, CC BY-SA 2.0)

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Im Streit um einen Einblick in die Listen mit den kritischen NSA-Suchbegriffen für den BND will die G 10-Kommission nun vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die Bundesregierung klagen. Wie die Süddeutsche Zeitung, NDR und WDR berichten, wurden bereits Juristen beauftragt, eine solche Klage zu prüfen. Geklärt werden müsse zuerst, ob die G 10-Kommission als eigenständiges Organ des Bundestages überhaupt klageberechtigt sei, denn solch einen Fall habe es in der Geschichte der Bundesrepublik noch nicht gegeben.

NSA-Skandal

Die NSA, der britische GCHQ und andere westliche Geheimdienste greifen in großem Umfang internationale Kommunikation ab, spionieren Unternehmen sowie staatliche Stellen aus und verpflichten Dienstleister im Geheimen zur Kooperation. Einzelheiten dazu hat Edward Snowden enthüllt.

Die Kommission ist dafür zuständig, Überwachungsmaßnahmen der Geheimdienste zu bewilligen, wenn davon potenziell auch Deutsche betroffen sind. Der Name geht auf Artikel 10 des Grundgesetzes zurück, in dem das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis festgeschrieben ist. Für wen die darin festgeschriebenen Grundgesetze gelten, ist teilweise umstritten. Sicher ist aber, dass Bundesbürger dadurch abgedeckt sind. Wie die Oppositionsmitglieder im NSA-Untersuchungsausschuss und im Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestags fordern die geheim tagenden Kommissionsmitglieder deswegen Einblick in die Listen.

In den Selektoren-Listen sind jene Suchbegriffe gesammelt, die von der NSA zur Einspeisung in BND-Systeme an den deutschen Geheimdienst gingen und die sich wohl gegen deutsche beziehungsweise europäische Interessen richteten. Das Kanzleramt hat den Einblick verweigert und stattdessen durchgesetzt, dass sie lediglich ein Sonderermittler zu Gesicht bekommt und den zuständigen Gremien dann berichtet. Seit knapp zwei Wochen ist der ehemalige Bundesrichter Kurt Graulich damit beschäftigt.

Wenn die G 10-Kommission nun nach Karlsruhe will, zeigt das, wie zerrüttet das Verhältnis zwischen Geheimdienstaufsehern und den Geheimdienstverantwortlichen im Kanzleramt inzwischen ist. Als Zeichen des Protests hatte die Kommission bereits erste Überwachungsanträge verweigert. Gerade auch um das Vertrauen wieder herzustellen, solle die Einsichtnahme gewährt werden, fasst die Süddeutsche Zeitung die Forderung zusammen. Dem verweigert sich die Bundesregierung vehement und hat erklärt, das würde gegen geltendes Völkerrecht verstoßen. Der wissenschaftliche Dienst war in einer Untersuchung der Frage jedoch zu einem anderen Ergebnis gekommen. In einem ähnlichen Fall habe die US-Regierung US-Abgeordneten Einsicht in geheime Dokumente der Bundesrepublik gewährt, ohne deren Erlaubnis einzuholen.

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(mho)