Sensoren für nachhaltiges Wohnen

US-Forscher haben eine Technologie entwickelt, mit der sich nicht nur der heimische Verbrauch von Strom, Gas und Wasser kontrollieren lässt. Die Messdaten könnten sogar Auskunft über den Lebensrythmus der Bewohner geben.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Kate Greene

Das Praktische an der digitalen Welt ist, dass alle Datenvorgänge zerlegt, analysiert und damit im Prinzip auch optimiert werden können. So lässt sich auch in Kreditkarten- oder Telefonrechnungen erkennen, ob die eigenen Gewohnheiten womöglich das Budget für Shopping oder Anrufe sprengen. Noch besser wäre es, wenn auch der Verbrauch von Ressourcen wie Wasser, Strom oder Gas genauso geprüft würde. Mit dem Sensorsystem von Shwetak Patel, Informatiker und Elektroingenieur an der Universität von Washington in Seattle, soll das demnächst möglich sein.

Der Vorteil: Patels Sensoren lassen sich nachträglich in die Infrastruktur von Gebäuden integrieren. Ein zuvor geplantes Netzwerk ist dazu nicht nötig. Der Stromsensor etwa überwacht das charakteristische „Rauschen“ in elektrischen Leitungen, das beim Betrieb von Handy-Ladegeräten, Kühlschränken, DVD-Playern oder Lichtschaltern entsteht. Der Gassensor erfasst Druckschwankungen in Gasleitungen, die darauf hinweisen, dass gerade auf einem Gasherd gekocht wird.

Bislang fehlte noch ein Sensor für den Wasserverbrauch. Hierfür haben Patel und seine Kollegen „Hydrosense“ entwickelt. Ähnlich wie bei Gasleitungen analysiert Hydrosense die Schwankungen des Wasserdrucks. Damit können nicht nur laufende Spülmaschinen festgestellt werden, sondern auch Lecks in Leitungen oder undichte Wasserhähne.

Mit seinem Start-up Usenso will Patel nun alle drei Sensorarten zu einer Technologie vereinen. Die soll Infrastrukturversorgern bald ein kombiniertes „Smart Metering“, also eine sensorgestützte Verbrauchsmessung in Echtzeit, ermöglichen. „Damit können wir auch bereits existierende Infrastrukturen nachrüsten“, sagt Patel.

Verbrauchssensoren gelten seit einiger Zeit als Innovation, die einen sparsameren Umgang mit Ressourcen möglich macht. Sie helfen nicht nur Kunden, ihre Stromrechnung zu senken, sondern ermöglichen den Versorgern auch, ihre Produktion noch besser der Nachfrage anzupassen. Eine Reihe von Firmen bieten inzwischen erste Lösungen an, um den Verbrauch von Strom über das Internet zu verfolgen. Eine wirkliche Feinsteuerung des Verbrauchs gebe es aber bisher noch nicht, so Patel. Usenso soll diese Marktlücke füllen.

Die Idee zu den Wassersensoren kam ihm bei der Arbeit an Sensoren für Stromleitungen. Er hatte festgestellt, dass sich Muster im Rauschen des elektrischen Signals bestimmten Geräten zuordnen lassen. „Wenn Sie zum Beispiel im Bad und in der Küche das Licht anschalten, können wir den Unterschied zwischen beiden Schaltvorgängen erkennen“, sagt Patel. Zum einen seien die Schwingungsmuster der elektrischen Impulse verschieden. Zum anderen ergäben sich aus den unterschiedlichen Ursprungsorten in der Wohnung andere Laufzeiten bis zum Sensor, erläutert Patel. Der Sensor wird dabei einfach in eine freie Steckdose gesteckt.

Hydrosense funktioniert nach demselben Prinzip. Der Sensor wird an einen stillgelegten Wasserausgang oder ein Nebenventil angeschlossen und kann von dort alle Wasserleitungen überwachen. „Wenn Sie an einem Gerät ein Ventil öffnen, sinkt der Wasserdruck in allen Leitungen“, sagt Patel. Zugleich entsteht durch die Bewegung des zuvor stehenden Wassers eine Schockwelle in der Wasserleitung, die sich auch bis zum Sensor fortpflanzt. Und genauso wie verschiedene Stromabnehmer jeweils charakterische elektrische Signale erzeugen, unterscheiden sich auch die Schockwellen je nach dem Gerät, das Wasser aus der Leitung zieht.

Die typischen Muster hat Patel in neun Wohnungen mit verschiedenen Wasserrohren und Grundrissen ermittelt. Bei der Interpretation der charakteristischen Schockwellen im Wasser wird laut Patel inzwischen eine Genauigkeit von 95,6 Prozent erreicht.

„Die Idee, mit einem einzigen Gerät zu erfassen, was in einer Wohnung ein- und ausgeschaltet wird, ist ziemlich spannend“, findet Adrien Tuck, CEO von Tendril Networks. Das Unternehmen aus Boulder in Colorado stellt Smart Meters her. Allerdings kann sich Tuck nicht vorstellen, dass die Technologie bereits im großen Maßstab einsetzbar ist. „Wenn es so einfach wäre, hätte es längst jemand gemacht.“ Deswegen gehe er davon aus, dass das System noch Kinderkrankheiten habe.

Patel hat aber noch mehr mit seiner Technologie vor. Zusätzlich zum reinen Monitoring des Verbrauchs könnte man auch Verbrauchsmuster erstellen. Damit ließe sich dann herausfinden, ob im Tagesablauf etwa von allein wohnenden Senioren alles in Ordnung sei. Und man könnte auch Energieverschwendung vorbeugen. Hierzu soll ein vierter Sensor beitragen, der an Heizungen und Klimaanlagen angeschlossen wird. Anhand der Luftdruckschwankungen, die beim Öffnen und Schließend von Fenster oder Türen entstehen, könnte man dann genau sagen, in welchem Zimmer der Bewohner gerade aufhält, so Patel. (nbo)