Stromernte in der Säulenhalle

Mit einer neuen Nanostruktur aus Cadmium-basierten Halbleitern wollen Forscher der Universität Berkeley biegsame Dünnschichtsolarzellen bauen, deren Herstellungskosten zehnmal billiger als die von herkömmlichen Solarzellen sind.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Prachi Patel

Die Suche nach billig zu produzierenden und flexibleren Solarzelltypen geht munter weiter: Forscher der Universität Berkeley haben ein Konzept vorgestellt, bei dem eine Anordnung aus Nanosäulen auf einer Aluminiumfolie Sonnenlicht in Strom umwandelt. Eingeschlossen in ein elastisches Polymer sollen daraus Solarzellen werden, die für ein Zehntel der Kosten herkömmlicher Siliziumzellen produziert werden könnten, hofft Ali Javey, der das Projekt leitet.

Kern der Zellkonstruktion sind 500 Nanometer hohe, gleichmäßig verteilte Säulen aus Cadmiumsulid, die in einen dünnen Film Cadmiumtellurid eingebettet sind (siehe Bild). Die beiden Halbleiter-Materialien werden bereits für Dünnschicht-Solarzellen genutzt. Im Unterschied zu anderen Konzepten mit Nanosäulen sei der Wirkungsgrad dreimal höher, sagt Javey, nämlich sechs Prozent, wie er und seine Kollegen in einem aktuellen Paper im Journal Nature Materials schreiben. Zudem hätten sie ein billigeres Verfahren gefunden, um die Nanosäulen aufwachsen zu lassen.

Ausgangspunkt ist die so genannte anodische Oxidation einer Aluminiumfolie. Deren Oberfläche wird dabei mit Hilfe einer säurehaltigen Lösung und Strom oxidiert, bis ein regelmäßiges Muster von 200 Nanometer breiten Poren entsteht. In ihnen wachsen im nächsten Schritt die Cadmiumsulfid-Säulen auf. Die werden mit Cadmiumtellurid überzogen, und ein Film aus Kupfer und Gold bildet schließlich die obere Elektrodenschicht.

In herkömmlichen Solarzellen erfüllt das Silizium zwei Funktionen zugleich: Es wandelt Photonen in frei bewegliche Elektronen um und transportiert diese auch zu den Elektroden. Das gelingt am effizientesten, wenn hochreines kristallines – und damit teures – Silizium verwendet wird. Dann sind Wirkungsgrade über 20 Prozent möglich.

Im Ansatz der Berkeley-Forscher werden die beiden Funktionen auf zwei Materialien verteilt. Die Absorption von Licht, die die Elektronen freisetzt, übernimmt das Cadmiumtellurid. Die Cadmiumsulfidsäulen leiten die Elektronen dann weiter. Die dichtgepackte Säulenstruktur hat dabei zwei Vorteile: Zum einen werden die Photonen in den Zwischenräumen eingefangen, so dass mehr von ihnen absorbiert werden können. Zum anderen ist der Weg, den die freigesetzten Elektronen durch die Nanosäulen zurücklegen müssen, sehr kurz. Dadurch sinkt das Risiko, dass sie von Kristalldefekten geschluckt werden können. Aus diesem Grund könne man auch Halbleiter-Materialien von geringerer Qualität verwenden, sagt Javey – was die Kosten senke.

Auch andere Gruppen experimentieren mit nanostrukturierten Halbleitern, um daraus neue Solarzelltypen zu machen. Der Harvard-Chemiker Charles Lieber etwa setzt auf Nanodrähte, die aus mehreren konzentrischen Siliziumschichten bestehen. Peidong Yang, Chemiker an der Universität Berkeley, kombiniert hingegen Nanodrähte aus Zinkoxid mit Farbstoffmolekülen aus Lichtfängern. Beide erreichen aber nur Wirkungsgrade von vier Prozent.

Zhong Lin Wang, Materialwissenschaftler am Georgia Institut of Technology lobt den Ansatz von Javeys Team als „wichtigen Fortschritt bei der Verbindung von nanostrukturierten Stoffen mit verschiedensten weichen Untergrundmaterialien“. In der Biegsamkeit der Zelle allein sieht Arthur Nozik, Nanosolarzell-Experte am US-amerikanischen National Renewable Energy Lab, hingegen keinen schlagenden Vorteil gegenüber anderen Dünnschicht-Technologien. „Das entscheidende Argument könnten die niedrigen Produktionskosten sein.“

Javey und seine Gruppe wollen ihr Konzept nun verbessern. Der Elektrodenfilm aus Kupfer und Gold ist bislang nur halbtransparent. Mit einem transparenten Film aus Indiumoxid könnte jedoch das gesamte einfallende Licht das Halbleitermaterial erreichen und den Wirkungsgrad verdoppeln, sagt Javey. Außerdem könnten die Nanosäulen und die sie umgebende Schicht auch aus anderen Halbleitern gefertigt werden. Das Verfahren, die Säulen auf Aluminium aufwachsen zu lassen, ist jedenfalls nicht auf Cadmiumsulfid beschränkt. Angesichts der Toxizität von Cadmium sei es sinnvoll, über andere Stoffe nachzudenken, findet Peidong Yang. Am wichtigsten ist für ihn auch eher die Säulenarchitektur der Zelle. „Dass die so gut funktioniert, macht die Eleganz des Papers von Javeys Gruppe aus.“ (nbo)