Ein Wunder jeden Tag

Als wäre es eine Vorahnung gewesen: Der neue Supercomputer der NASA ist darauf ausgelegt "Daten auch während eines Fluges analysieren können, sodass genügend Zeit bleibt, um auf eine unvorhergesehene Situation reagieren zu können."

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Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Tom Sperlich
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Zweieinhalb Jahre Startverbot in Cape Canaveral und dann das:Der Flug des NASAShuttles Discovery geriet zum Beinahe-Drama. Ein beim Start abgefallenes Stück der Tankisolierung hätte erneut hochriskante Schäden am Space Shuttle hervorrufen können. Dabei hatte die Untersuchungskommission des Columbia-Unfalls der NASA auferlegt, die Probleme mit abfallenden Trümmern zu beenden. Rund 200 Millionen Dollar wurden investiert, um diese Aufgabe zu meistern. Doch erstmal gibt es wieder ein Startverbot: Weitere Shuttle-Flüge sind auf Eis gelegt, bis die NASA ihr Pflichtenheft erfüllt hat. Derweil freut sich NASA-Chef Michael Griffin über "den saubersten Flug aller Zeiten" - weit weniger (Schaum-)Bruchstücke als sonst hätten sich vom Haupttank gelöst.

Wesentlicher Bestandteil des Shuttle-Programms, das zurzeit unter dem Motto "Return to Flight" steht, sind die Analysen aller Szenarios und Simulationen potenzieller Gefahren und Probleme fĂĽr das runderneuerte Shuttle sowie fĂĽr kĂĽnftige Raumfahrzeuge. In vielen iterativen Prozessen wurden sie in den NASA-Forschungslabors berechnet, modelliert, visualisiert und analysiert. Wichtigstes Werkzeug dabei war ein neues Supercomputer-System von SGI (Silicon Graphics), das 2004 auf Beschluss verschiedener Abteilungen der US-Administration angeschafft und zu Ehren der ums Leben gekommenen Astronauten Columbia genannt wurde.

Er wolle "jeden Tag ein Wunder" haben, forderte Walter Brooks, Leiter der Abteilung NASA Advanced Supercomputing (NAS) im NASA Ames Forschungszentrum nahe San Francisco, wo auch Columbia steht. In nur 120 Tagen wurde der unter Linux betriebene Cluster aus 20 Knoten - Servern des Typs Altix 3700 (BX2) mit jeweils 512 Itanium-2-Prozessoren von Intel - fertig installiert. Schließlich musste für die Indienststellung nicht nur reichlich Programmcode neu- und umgeschrieben, sondern auch noch ein Gebäude für das Columbia-System umgebaut werden. Seit Monaten arbeitet es nun produktiv und war anfangs, im Herbst 2004, mit 59,1 Teraflops pro Sekunde kurzfristig der schnellste Computer der Welt. Inzwischen schaffen zwei Superrechner aus IBMs BlueGene-Familie in Benchmarktests mehr Teraflops. Brooks sieht diese jedoch als Laborsysteme, die sich noch nicht so im täglichen Einsatz bewähren wie der NASA-Superrechner: "Die schnellste Produktionsmaschine weltweit ist Columbia."