Breitband-Internet: Wirtschaft fordert "Glasfaser in jedem Schwarzwaldtal"

Schaut man auf den Breitbandatlas der Bundesregierung, ist der Südwesten bereits größtenteils Dunkelgrün gefärbt. Trotzdem reicht vielen Firmen die Versorgung nicht mehr aus - sie benötigen dringend schnellere Leitungen. Unklar ist, wer das bezahlen soll.

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Glasfaser
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  • dpa
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Die Wirtschaft im Südwesten wünscht sich noch mehr Engagement der Landesregierung beim Breitbandausbau. "Mittelfristig sollte in jedem Schwarzwaldtal Glasfaser liegen", sagte Südwestmetall-Chef Stefan Wolf der dpa. Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger schlägt einen stärkeren direkten Einsatz der Landesregierung: "Wenn der Staat eine Leitung in ein entlegenes Tal legt und dann verpachtet, wäre das eine Idee. Möglichkeiten gibt es da viele."

Wolf hingegen spricht sich für weitere Investitionsanreize aus. "Da muss man einfach Geld in die Hand nehmen und Investitionen in Netze attraktiv machen", sagte Wolf, warnte aber im gleichen Atemzug vor Steuererhöhungen. Da sei die Grenze erreicht. Für Breitbandausbau müsse "man eben an anderer Stelle einsparen."

Doch so einfach ist es nicht: Das EU-Wettbewerbsrecht setzt einen strengen Rahmen für staatliche Beihilfen. "Nur dort wo der Markt versagt, also sich kein Telekommunikationsunternehmen findet, das die Versorgung gewährleistet, kann mit öffentlichen Geldern ein Ausbau erfolgen", heißt es im Ministerium für den Ländlichen Raum. Erst wenn ein Marktversagen vorliegt, können Gemeinden im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung handeln.

Die Landesregierung fördert deshalb kommunale Projekte. In den vergangenen vier Jahren waren das laut Ministerium rund 570 kommunale Breitbandausbauprojekte. Am Dienstag feiert der zuständige Minister für den Ländlichen Raum, Alexander Bonde (Grüne), einen weiteren "Breitband-Lückenschluss" zwischen den Landkreisen Sigmaringen und Ravensburg. Dort haben sich Kommunen zum Breitbandnetzausbau zusammengeschlossen.

Im Südwesten konnten laut Breitbandatlas der Bundesregierung Ende 2014 immer noch nur knapp 70 Prozent der Haushalte im Hochgeschwindigkeits-Internet mit mindestens 50 Megabit pro Sekunde surfen. In Südbaden und Nordwürttemberg sieht die Versorgung teilweise besonders mau aus. Im benachbarten Bayern waren es 65 Prozent, in Nordrhein-Westfalen 73 Prozent.

Die Landesregierung hatte jüngst die Förderung für den Ausbau von Hochgeschwindigkeitsnetzen erhöht und erhofft sich davon einen Schub für die letzten sogenannten "Weißen Flecken". Dabei setzt das Land vor allem auf Leitungen. Der Mobilfunkstandard LTE, der mit Glasfaser vergleichbare Bandbreiten ermöglicht, wird nur in Ausnahmefällen als Lösung gesehen, weil das Mobilfunknetz von mehreren Nutzern geteilt werden kann und dann die Bandbreite sinkt.

Insgesamt 250 Millionen Euro sollen nach dem Plänen bis 2018 in den Ausbau des Breitbandes in Baden-Württemberg fließen. CDU-Spitzenkandidat Guido Wolf hatte bei einem Wahlsieg bei der Landtagswahl versprochen, in der nächsten Legislaturperiode bis 2021 würden 500 Millionen Euro investiert.

Arbeitgeberpräsident Dulger warnte: Ohne Breitbandversorgung bleibe die wirtschaftliche Entwicklung im ländlichen Raum auf der Strecke: "Früher gab es für eine Region ohne Bahnanbindung keine Chance, zu Wohlstand zu kommen, später war es die Straßenanbindung, morgen ist es Breitband", sagte Dulger. "Deshalb ist es nicht zu weit hergeholt, dass man hier den Staat in die Verantwortung nimmt."

Der Präsident des Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertags (BWIHK), Peter Kulitz, sagte, ohne Breitbandversorgung komme es zu einem "schleichenden Prozess", bei dem deutsche Firmen ihre Investitionspläne hierzulande überdenken. Manche Firmen bereuten wohl schon heute ihre Deutschland-Investitionen von vor einigen Jahren.

Insbesondere im Maschinenbau setzen sich die Firmen mit der Zukunft von digitalen Anwendungen und dem Nutzen vernetzter Maschinen unter dem Schlagwort Industrie 4.0 auseinander. "Es bringt nichts, wenn wir uns digital vernetzen wollen und die Netze dafür nicht ausgelegt sind", warnte VDMA-Geschäftsführer Dietrich Birk.

Seiner Einschätzung nach hat der ruinöse Preiswettbewerb im Telekomgeschäft in den vergangenen Jahren den Ausbau behindert. "Wenn das nur dem Spiel der Marktkräfte überlassen wird, wird das Netz nur dort ausgebaut, wo es genügend zahlungskräftige Abnehmer für digitale Dienstleistungen gibt." Breitbandausbau ist seiner Meinung nach Aufgabe von Infrastrukturunternehmen. "Wir müssen Preismodelle finden, die einen Anreiz für diese Investitionen geben." (jk)