Bahntechnik

Doch sind Renner wie ICE oder gar der Transrapid die richtigen Mittel, um mehr Verkehr auf die Schiene zu holen? Experten sagen Nein. Sie halten den Regionalverkehr fĂĽr viel entscheidender.

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Von
  • Karsten Schäfer

Ab Dezember 2007 soll der ICE planmäßig zwischen Frankfurt und Paris verkehren. Die Reisezeit verkürzt sich dann von fast sechseinhalb auf knapp vier Stunden. Im Gegenzug wird der französische TGV zwischen Paris und Stuttgart pendeln. ICE und TGV zeigen, wohin die Reise der Eisenbahnen geht: quer durch Europa – in schnellen Zügen und wo immer möglich auf Hochgeschwindigkeitstrassen. Rund 20 Milliarden Euro will allein die Deutsche Bahn in den nächsten zehn Jahren für ihren Traum von der Geschwindigkeit ausgeben

Zwar rückt Europa dank TGV und ICE enger zusammen, die Gräben sind aber nach wie vor tief. Denn vor gar nicht allzu langer Zeit hatten Eisenbahnen noch kriegsstrategische Bedeutung – jede Nation wollte es den Nachbarn möglichst schwer machen, auf dem eigenen Schienennetz zu fahren. Das Resultat: In Europa existieren vier verschiedene Spurweiten, sechs unterschiedliche Stromsysteme (siehe Grafik Seite 66) und eine Vielzahl untereinander inkompatibler Zugsicherungssysteme. Zwar stellen die verschiedenen Strom- und Sicherungssysteme für Mehrsystemloks heute kein unlösbares Problem mehr dar, sie verursachen aber Mehrkosten von rund 45 Prozent. Das europäische Zugsicherungssystem ETCS (European Train Control System) soll bald für Abhilfe sorgen und zumindest bei der Zugüberwachung einen einheitlichen Standard schaffen.

Die Kehrseite der Medaille: Investitionen in den Nahverkehr bleiben aus, wie Axel Friedrich, Abteilungsleiter für Verkehr und Lärm beim Umweltbundesamt (UBA), kritisiert: „Die Rennstrecken fressen das ganze Geld auf.“ Auch für Heiner Monheim, Professor für Raumplanung an der Uni Trier, machen die Milliardeninvestitionen in den Hochgeschwindigkeitsverkehr keinen Sinn: „Unsere Mobilitätsstruktur, vor allem in Deutschland, ist geprägt von einem ganz hohen Anteil kurzer und mittlerer Reiseweiten, die langen Distanzen wie Hamburg– München machen am Verkehrsmarkt insgesamt etwa fünf Prozent aus. Da wird mit Kanonen auf Spatzen geschossen.“

Das Argument trifft auch für den einstmals hochgelobten Transrapid. Die Hightech-Schwebebahn, berichtet TR-Autor Tim Schröder, gilt eigentlich bereits seit Jahren als technisch ausgereift. Tatsächlich hat die Technik eine Reihe von Vorteilen gegenüber den schienengebundenen Systemen - doch sie wird von hohen Kosten ausgebremst.

Weltweit tüfteln Forscher deshalb an alternativen Lösungen unserer Verkehrsprobleme, die noch immer auf Bahnen und schienengeführte Systeme setzen: Professor Dietrich Stein von der Uni Bochum etwa will den Güterverkehr in Ballungsräumen durch Rohrleitungen schicken - im Projekt Cargo Mover wird dagegen ein autonomer Güterwagen entwickelt, der sich seinen Weg völlig selbstständig sucht, schreibt Karsten Schäfer. Die Zukunft des Bahn-Personenverkehrs wird unterdessen in Paderborn geprobt. Mit den RailCabs will Professor Joachim Lückel den Individualverkehr auf die Schiene bringen. Lücke ist überzeugt: "Das ist ähnlich revolutionär wie die Erfindung der Glühlampe".

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