Indiens große Biodiesel-Pläne

Wissenschaftler auf dem Subkontinent arbeiten an der Kultivierung eines Wollmilchgewächses namens Jatropha, das sich besonders gut als Ausgangsmaterial für Biotreibstoffe eignet.

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Von
  • Michael Fitzgerald

Biodiesel könnte künftig eine wichtige Rolle als Ersatz für fossile Brennstoffe spielen. Fragt sich nur, welche Pflanze sich am besten für die Herstellung eignet. In den heißeren Klimazonen der Erde könnte die Jatropha, ein Wollmilchgewächs, ein interessanter Kandidat sein. Die Pflanze sprießt auch auf Ödland, kann mehr als vier Mal so viel Treibstoff pro Hektar produzieren wie die Sojabohne und mehr als zehn Mal so viel wie Mais. Problematisch bleibt zunächst nur, dass die kommerzielle Kultivierung der Jatropha erst im Aufbau begriffen ist - sie wurde bislang noch kaum als Feldfrucht gezogen.

In Indien will man dies nun versuchen: Das örtliche "The Energy and Resources Institute" (TERI) hat ein auf zehn Jahre angelegtes Forschungsprojekt aufgelegt, um zu bestimmen, was notwendig ist, um aus der Jatropha eine gut funktionierende Biodieselquelle zu machen. Insgesamt 9,4 Millionen Dollar fließen in das Projekt. Eines der Ziele: Die Pflanze soll auch auf besonders schlechten Böden gute Erträge abwerfen.

Und das scheint recht gut zu funktionieren: Die ersten Gewächse, die das Forscherteam in einer früheren Ödlandregion gepflanzt hat, blühten bereits, wie Alok Adholeya, Direktor der Abteilung für Biotechnologie und Bioressourcen-Management am TERI erklärt: "Das zeigt schon, dass es möglich ist." Adholeya und seine Kollegen untersuchten in den vergangenen fünf Jahren verschiedene Mykorrhiza-Pilzorganismen, die in Symbiose mit Pflanzen leben und sie auch auf schlechteren Böden wachsen lassen. Einer der Organismen aus der Art der Glomus-Pilze steigerte den Ertrag bei der Jatropha um bis zu 15 Prozent (die genaue Spezies nennt das TERI derzeit nicht).

Aktuell arbeitete das TERI-Projekt in einer ländlichen Region im Südosten Indiens. Dort wurden auch Kreditgarantien aufgelegt, um Samenkäufe durch örtliche Bauern zu ermöglichen - an dem Projekt Interessierte sind so besser vor Ausfällen geschützt. Außerdem bringt das Institut ihnen bei, wie die Jatropha am besten gezüchtet wird.

Bislang haben sich 5000 Bauern bereit erklärt, an dem Projekt teilzunehmen. Abgedeckt werden damit rund 1000 Hektar. Genug ist das den Forschern allerdings nicht - bis März 2008 wollen sie mindestens 8000 Hektar erreichen. "Die Erfolge mit den ersten Gewächsen haben das Interesse vieler weiterer Bauern geweckt", erklärt Adholeya. Bis Ende 2008 soll auch eine Produktionsstätte zur Verarbeitung der Pflanze zu Biodiesel entstehen. Dort sollen dann bis zu 90 Millionen Liter im Jahr produziert werden.

Adholeya arbeitet außerdem an einer genetischen Veränderung der Jatropha, um die Ernte zu erhöhen. 20 Mikro- und Molekularbiologen arbeiteten derzeit mit Züchtern zusammen, um die passenden Gene zu finden, die die Fruchtphase der Pflanze einleiten. So soll der Prozentsatz an Öl im Samen erhöht werden. Am TERI hofft man, das Gen in ungefähr 18 Monaten isoliert zu haben, um es dann optimieren zu können. Dazu will man zur so genannten molekular-unterstützten Zucht greifen, bei der interessante Gene identifiziert werden, um sie dann bevorzugt hineinzuzüchten. Eine so verbesserte Jatropha-Pflanze könnte bis 2012 auf den Feldern stehen.

Die indische Regierung plant laut Adholeya bereits eine nationale Initiative, um die Jatropha-Pflanze im ganzen Land zu einer wichtigen Treibstoffquelle zu machen. In einem entsprechenden Bericht des TERI werden mindestens 400.000 Hektar in 22 der 28 indischen Bundesstaaten vorgeschlagen.

Der Subkontinent ist nicht das einzige Land, das sich für die Jatropha interessiert. Auch in Indonesien und mehreren afrikanischen Ländern prüfen die Regierungen ihre Nutzung. Dabei stehen vor allem die positiven Eigenschaften der Pflanze für diese Gebiete im Vordergrund: Sie wächst auch auf schlechten Böden und kann Dürreperioden überstehen, überlebt mehrjährig, lässt sich mit Glück bis zu 40 Jahre lang ausbeuten und benötigt nur zwei bis drei Jahre des Anwachsens, bevor die kommerzielle Nutzung beginnen kann.

Jatropha-Samen erzeugen ausgepresst große Mengen an Öl, das sich sehr einfach zu Biodiesel umwandeln lässt. Das Endprodukt bietet ähnliche Werte wie konventioneller Dieseltreibstoff. Ein Hektar Jatropha produziert laut der Energieversorger-Organisation Global Petroleum Club insgesamt 1892 Liter Treibstoff - mehr als Raps und deutlich mehr als Sojabohnen oder Mais.

"Jatropha lässt sich mit nur einem Schritt zu Biodiesel umwandeln", erklärt Adholeya. Es reiche aus, das aus der Pflanze kommende Öl zu erhitzen und mit Methanol zu vermischen, um es verbrennen zu können. Das Endergebnis sei "Diesel hoher Qualität" - ein Treibstoff, der sich in jedem Fahrzeug verwenden lässt.

Übersetzung: Ben Schwan. (nbo)