Ohne Urheberrecht keine Unterhaltung

Rechtsprofessor Lawrence Lessing und MPAA-Vorsitzender Jack Valenti diskutierten ĂĽber geistiges Eigentum im Internet.

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Von
  • Florian Rötzer

Als Jack Valenti gestern gegen Lawrence Lessing antrat, spielte er den harmlosen Durchschnittsamerikaner. Er habe immer Jura in Harvard studieren wollen, dann habe es aber doch nur zu Wirtschaftswissenschaften gereicht, sagte der Vorsitzende des amerikanischen Verbands der Filmproduzenten, der gegen die Verbreitung von DeCSS geklagt und gewonnen hat und jetzt gegen die Napster-ähnliche Tauschbörse Scour vorgehen will, dem Rechtsprofessor Lessing, Experte für Internetrecht, ICANN-Kandidat und Mitglied der Electronic Freedom Foundation. Höhepunkt der Untertreibung und des allgemeinen Amüsements: Zum Glück sei der ganze Themenkomplex geistigen Eigentums im Internet auf einen sehr einfachen Grundsatz zu reduzieren: Eigentum. Nur weil es das Netz leicht mache, etwas wegzunehmen, dürfe man das doch nicht tun.

Schön gesagt, nur sei geistiges Eigentum nicht so etwas wie ein Auto, entgegnete Lessing. In der Verfassung der USA tauche nirgends der Begriff "geistiges Eigentum" auf. Vielmehr werde exklusives Eigentum an Ideen durch die freie Rede beschränkt. Die von Valenti demonstrierte Vereinfachung trage Schuld an einer gefährlichen Entwicklung der vergangenen Jahre: Stetig wachsende Kontrolle der Produzenten über den Gebrauch ihrer geistigen Produkte werde durch Erweiterungen des Urheberrecht gedeckt. Diese Entwicklung müsse aufgehalten werden. Konkrete Vorschläge Lessings sind: ein auf 14 Jahre beschränktes Urheberecht und die absolute Garantie des fairen Gebrauchs, beispielsweise des Kopierens für private oder künstlerische Zwecke.

Solche Fragen aber interessieren Valenti nicht. Die Elite mache sich Gedanken über Dinge, die das amerikanische Volk nicht verstehe. Amerikaner wollten Filme sehen, und wenn das Ureberrecht abgeschafft werde, gäbe es keine Filme mehr, denn die kosteten durchschnittlich 51 Millionen Dollar: "Wir müssen die Verwertung im Pay-TV, im Free-TV, auf DVD, auf Video und im Ausland sichern, um Geld zu verdienen. Wenn man nicht verteidigen kann, was einem gehört, gehört einem auch nichts." Den Einwand, dass die Verfassung der Vereinigten Staaten gerade diese Rechte beschränkt, um Entwicklung, Kultur und öffentlichen Diskurs nicht zu gefährden, ignorierte Valenti. Er war am Sonntagabend nicht nur einfacher Amerikaner, sondern auch feuriger Patriot. Daher endete die Diskussion auch wieder an ihrem Ausgangspunkt: Valenti weiß nicht, was Lessing mit "fair use" meint. (Konrad Lischka)

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