Joomla feiert zehnten Geburtstag

Vor zehn Jahren, am 17. September 2005, veröffentlichte das Joomla-Projekt die erste Version seines freien Content-Management-Systems. Was als überschaubares Open-Source-Projekt mit einer Handvoll Entwicklern begann, bildet heute die Basis vieler Websites weltweit.

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JoomlaDay NL 2015

Aktiv wie eh und je: Die Joomla-Community feiert, wie hier auf dem JoomlaDay NL 2015, den zehnten Geburtstag des Open-Source-CMS.

(Bild: Niels Nübel)

Lesezeit: 10 Min.
Von
  • David Jardin
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(Bild: joomla.org )

Am 17. September 2005, also auf den Tag genau vor 10 Jahren, wurde die erste Version des freien Content-Management-Systems Joomla veröffentlicht. Aus dem recht überschaubaren Open-Source-Projekt ist inzwischen eine Software geworden, die unzähligen Websites in aller Welt zugrunde liegt.

Joomla zählt zu den erfolgreichen Open-Source-Projekten. Die auf PHP und MySQL basierende Software wurde bereits mehr als 50 Millionen mal heruntergeladen. Für den Aufbau einer Website mit Joomla sind keine Programmierkenntnisse nötig, entsprechend vielseitig ist daher auch sein Einsatzbereich, der von private Homepages über Firmen-Websites bis zu umfangreichen Community-Portalen reicht. Eine rege Community bietet Unterstützung und sorgt mit zahlreichen Erweiterungen für zusätzliche Funktionen.

Die Geschichte von Joomla reicht genau genommen noch ein wenig mehr als zehn Jahre zurück: zu einer australischen Firma namens Miro, die um die Jahrtausendwende damit begann, das proprietäre, Closed-Source CMS Mambo auf der Basis von PHP und MySQL zu entwickeln. 2001 veröffentlichte Miro den Code im Rahmen einer dualen Lizenzierung auch unter der GPL, doch das erhoffte öffentliche Interesse blieb zunächst aus. Erst nachdem der damalige Projektleiter Robert Castley es geschafft hatte, ein Core-Team aus interessierten Freiwilligen zusammen zu stellen, nahm das Projekt Fahrt auf und begeisterte binnen kurzer Zeit Tausende Nutzer weltweit.

In einem Forumsbeitrag kündigt der ehemalige Projektleiter Andrew Eddie die Abspaltung von Mambo an.

Um das Projekt von Miro zu lösen und auf eigene Füße zu stellen, entschieden die Beteiligten Anfang 2005, eine unabhängige Stiftung zu gründen. Doch deren Gründung lief anders ab, als die Community sich das vorgestellt hatte: Statt den Stiftungsbeirat mit neutralen Community-Mitgliedern zu besetzen, ernannte der damalige CEO von Miro sich einfach selbst zum Vorsitzenden. Bei der Gründung der Stiftung blieb die Community außen vor, daher spaltete das damalige Core-Team des Mambo-Projekts sich ab und setzte die Entwicklung des CMS unter einem anderen Namen fort. Mit der Bekanntgabe dieser Entscheidung am 17. August 2005 war Joomla geboren.

Seinen neuen Namen leitete das Projekt vom Swahili-Wort "Jumla" ab, das übersetzt soviel wie "alle zusammen" bedeutet. Erstaunlicherweise folgte fast die gesamte Community dem Entwicklerteam zum neuen Projekt, sodass bei Mambo binnen weniger Wochen "der Ofen aus" war. Die Weiterentwicklung von Mambo wurde nach nur zwei weiteren Patch-Releases aufgegeben.

Joomla damals: der Administrationsbereich von Joomla 1.0 wirkt heute geradezu antik.

Genau einen Monat nach der Abspaltung veröffentlichte das noch junge Joomla-Projekt eine erste eigene Version. Joomla 1.0 war dabei praktisch identisch mit der damals aktuellen Mambo-Version 4.5.2 – einzig und allein der Name war an diversen Stellen getauscht worden. In den folgenden Versionen bis Joomla 1.0.15 wurden Fehler behoben, der Funktionsumfang blieb aber zunächst derselbe und so stellte sich relativ bald die Frage nach dem "nächsten Schritt".

Relativ schnell kristallisierte sich heraus, dass die neue Joomla-Version 1.5 über weite Strecken völlig neu entwickelt werden sollte. Für diese radikale Entscheidung gab es starke Gründe: Die Code-Basis von Joomla war zu diesem Zeitpunkt bereits massiv in die Jahre gekommen; Spaghetti-Code war an der Tagesordnung und Objektorientierung nur an einigen wenigen Stellen konsequent umgesetzt. Lizenzbedingt fanden sich an diversen Stellen des Codes noch immer Hinweise auf das Vorgängersystem Mambo, von dem man sich ja bewusst abgrenzen wollte.

Bei der Entwicklung von Joomla 1.5 blieb denn auch kein Stein auf dem anderen. Das Entwicklerteam brach radikal mit der bisherigen Code-Basis und entwickelte ein eigenes, PHP-basiertes MVC-Framework, das ein rudimentäres ORM, eine eigene Templating-Engine sowie unzählige Hilfsklassen ergänzten – das Joomla Framework war geboren.

Die gespannte Community musste sich noch bis zum Release im Januar 2008 gedulden, bevor das Projekt mit Joomla 1.5 sein erstes vollkommen eigenes Produkt veröffentlichte. Der Funktionsumfang glich immer noch weitgehend dem von Mambo, doch das neue Framework machte Joomla zu einem modernen System, das viele Erweiterungs- und Template-Entwickler anzog.

Zu diesem Zeitpunkt erlebte Joomla eine ausgeprägte Wachstumsphase. Das Core-Team, das nach wie vor aus rund 15 ausschließlich ehrenamtlich tätigen Personen bestand, musste immer neue Aufgaben übernehmen, die die neue Popularität mit sich brachte. Abhilfe sollte eine Entscheidung bei einem Core-Team-Treffen in Bayern im Juni 2008 bringen. Das Core-Team sollte personell verstärkt und in drei gleichberechtigte Gruppen aufgespalten werden, die für verschiedene Projektbereiche verantwortlich sein sollten. Das Production Leadership Team (PLT) war von da an zuständig für das eigentliche "Produkt Joomla", sollte seine Weiterentwicklung voran treiben und den Code warten. Das Community Leadership Team (CLT) hingegen war verantwortlich für die Betreuung der Community, die Organisation von Events und den Betrieb verschiedener Portale und Foren. Das dritte Team, OpenSourceMatters oder kurz OSM, übernahm die Finanzen und die rechtliche Vertretung des Projekts.

Die neue Struktur des Projekts machte deutlich, dass Joomla auch weiterhin möglichst unabhängig von einzelnen Firmen oder Personen bleiben sollte. Bis heute arbeiten alle Beteiligten ausschließlich auf ehrenamtlicher Basis, das Namensrecht hält eine unabhängige Stiftung und Abhängigkeiten beispielsweise durch exklusive Sponsoring-Verträge werden vermieden. Dieser Umstand ist eine Besonderheit in der Welt der Open-Source-CMS, wo oft ein "wohlwollender Diktator" oder eine einzelne Firma die Entscheidungsgewalt über ein System hat.

Nach der Anpassung der Projektstruktur an das stetige Wachstum, machte sich das Projekt an die Weiterentwicklung des CMS. Die neue Joomla-Version 1.6 sollte eine flexible Rechteverwaltung erhalten, aber auch Support für mehrsprachige Websites und eine bessere Kategorieverwaltung mitbringen. Was als schnell zu entwickelnde Minor-Version geplant war, entpuppte sich jedoch als schwere Geburt: Zeitliche Engpässe bei den Entwicklern und technische Probleme verzögerten die Entwicklung um Jahre. Die Defizite der bisherigen Release-Strategie nach dem Motto "It’s done when it’s done" wurden offensichtlich. Aufgrund dieser Erfahrungen entschloss man sich, inspiriert von der Linux-Distribution Ubuntu, zu einem festen Release-Zyklus zu wechseln: Alle sechs Monate sollte eine neue Joomla-Version erscheinen. Falls eine geplante Funktion bis zur Veröffentlichung nicht reif genug ist, wird sie auf die nächste Version verschoben.

Von Ubuntu übernahm das Joomla-Projekt einen weiteren Aspekt: Einige Joomla-Versionen (die sogenannten LTS-Ausgabe) sollten besonders lange mit Updates versorgt werden, um Nutzern eine langfristige Perspektive und Sicherheit zu geben. Eine Community-Abstimmung legte fest, solche LTS-Releases mit einer 5 an zweiter Stelle der Versionsnummer zu kennzeichnen. Diesem Umstand ist übrigens auch der kurios anmutende Versionssprung von Joomla 1.7 auf 2.5 geschuldet, denn der Nachfolger von 1.7 sollte die nächste LTS-Version werden.

Im Januar 2012 erschien Joomla 2.5, das mit nur wenigen neuen Funktionen im Wesentlichen eine stabilisierte und fehlerbereinigte Weiterentwicklung von Joomla 1.6 beziehungsweise 1.7 war. Als LTS-Version versorgte das Projekt Joomla 2.5 noch bis Anfang dieses Jahres mit Patches und Support. Mittlerweile ist aber ein Wechsel auf den aktuellen 3.x-Zweig ratsam.

Joomla heute: Die aktuelle Administration ist deutlich aufgeräumter und dank responsive Design auch auf Mobilgeräten bedienbar.

Joomla 3.0 war das erste der "großen" Open-Source-CMS, das von Haus aus mit einem "Responsive Design" auf Mobilgeräte optimiert war. Das Projekt griff dafür auf das Frontend-Framework "Bootstrap" zurück, das als internes Projekt bei Twitter entstanden ist und sich in der Zwischenzeit großer Verbreitung bei Webentwicklern erfreut. Der Unterbau des Joomla-CMS, das hauseigene PHP-Framework, wurde an vielen Stellen überarbeitet, um für mehr Flexibilität zu sorgen. Einige der Klassen des Frameworks wurden dabei als Standalone-Bibliotheken veröffentlicht und können über die PHP-Paketverwaltung Composer abgerufen und in eigenen Projekten verwendet werden.

Heute, zehn Jahre nach dem ersten Release, steht das CMS einmal mehr vor großen Veränderungen. Joomlas Aussichten, am Markt überleben zu können, sind trotz der Konkurrenz von Wordpress und anderer Open-Source-CMS-Software nicht schlecht. Hunderttausende User weltweit setzen auf das CMS, die Vielfalt an verfügbaren Erweiterungen sowie Templates ist groß und der technologische Unterbau von Joomla kann sich sehen lassen.

Aus den Erfahrungen der vergangenen zehn Jahre hat das Projekt einige Lehren gezogen, die sich in fundamentalen Entscheidungen in der jüngeren Vergangenheit niedergeschlagen haben. Dazu zählt auch die Abkehr vom steifen Modell des Time-Based-Release-Cycle. In der Praxis bewährte sich das feste Muster zur Veröffentlichung neuer Versionen allerdings nicht, da es schnelle und flexible Reaktionen auf neue Entwicklungen der schnelllebigen Welt der Webentwicklung erschwerte.

Die zweite Anpassung betrifft die Projektstruktur: Die Trennung in drei separate Leitungsteams mit getrennten Verantwortungsbereichen sorgte in der Vergangenheit dafür, dass die Teams nicht mehr ausreichend kommunizierten und sich in Zuständigkeitsstreits verloren. Im Mai 2015 sprachen sich die Projektverantwortlichen daher mit knapper Mehrheit dafür aus, die Trennung aufzuheben und ein zentrales Leitungsteam aufzustellen. Daran geknüpft ist die Hoffnung, dass vorhandene finanzielle und zeitliche Ressourcen besser genutzt werden.

Noch nicht final gefallen ist die letzte und vielleicht wichtigste Entscheidung, die die kommende Joomla-Version 4.x betrifft. Noch ist nicht klar, ob das Projekt fundamentale Anpassungen am Bedienkonzept für erforderlich hält. Die Planungen hierzu stecken noch in einer frühen Phase, dürften aber entscheidend für die langfristige Zukunft von Joomla sein.

Die ersten zehn Jahre des Open-Source-CMS Joomla sind eine Erfolgsgeschichte. Viele Millionen Websites weltweit laufen mit einer Software, deren Schöpfer so überzeugt vom Open-Source-Gedanken waren, dass sie den radikalen Schritt einer Abspaltung gewagt haben. Joomla hat sich in den vergangenen zehn Jahren immer wieder neu erfunden, sowohl was den Code als auch die Struktur des Projekts und seine strategische Ausrichtung angeht. Bleibt zu hoffen, dass dem Projekt dieses Kunststück auch in den nächsten zehn Jahren weiterhin so gut gelingt.

Siehe dazu auch:

  • Schalthebel der Macht: Das Open-Source-CMS Joomla 3

(lmd)