Software-Entwicklung: Kampf den Altlasten

Die Forschungslandschaft in der Bundesrepublik ist "zu schwerfällig für das innovative, sich schnell entwickelnde Gebiet der Softwaretechnik".

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Von
  • Richard Sietmann

Die Forschungslandschaft in der Bundesrepublik ist "zu schwerfällig für das innovative, sich schnell entwickelnde Gebiet der Softwaretechnik". Diesen Schluß zieht eine Untersuchung zur wirtschaftlichen und technologischen Bedeutung von Software und ihrer Entwicklung in Deutschland. Sie wurde gemeinsam von der GfK Marktforschung GmbH und den Fraunhofer-Instituten für Experimentelles Software Engineering (IESE) sowie für Systemtechnik und Innovationsforschung (ISI) im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) durchgeführt. Vorschlag der Experten: Kleinere Projekte, die Grundlagen- und angewandte Forschung verbinden, mehr Interdisziplinarität und schnellere Projektvergabe.

In ihrer "Analyse und Evaluation der Softwareentwicklung in Deutschland" – so der Titel – unterscheidet die Studie die mehr als 10.500 unabhängigen Software-Hersteller und DV-Dienstleister in der Informationstechnik in zwei Bereichen. Für die Primärbranche ist Software ein eigenständiges Produkt. In Sekundärbranchen wie dem Maschinenbau, der Elektrotechnik, dem Fahrzeugbau, der Telekommunikation und den Finanzdienstleistungen dagegen ist Software in Produkte oder Dienstleistungen eingebettet und stellt oft als ingenieurmäßige Individuallösung ein Alleinstellungsmerkmal dar.

Doch von den rund 8.600 Unternehmen in den fünf genannten Wirtschaftszweigen, die sich mit einem hohen Anteil eigener Softwareentwicklungen am Markt differenzieren, sind viele mit dem dringend gebotenen Übergang ihrer zentralen, lebenswichtigen Softwaresysteme zu den neuen Plattformen – insbesondere dem Internet – überfordert. Die Folge ist ein weiteres Anwachsen des Bestandes an Software-Altlasten. Bei dieser so genannten "Legacy-Software" handelt es sich vielfach um Systeme, deren Entstehung bis in die siebziger Jahre zurückreicht. Sie enthalten zwar das akkumulierte Anwendungswissen des Unternehmens und sind äußerst stabil, sind jedoch nach veralteten Methoden entwickelt, sehr schwer zu warten und vor allem nicht flexibel genug bei der raschen Anpassung an veränderte Geschäftsprozesse. Zudem sei in den Firmen ist ein genereller Trend zu "risikominimierenden Entwicklungsprozessen" und inkrementellen Vorgehensweisen zu beobachten, heißt es in der Untersuchung.

Die Lösung sehen die Autoren nicht in der direkten Förderung von Unternehmen; sie wollen stattdessen die notwendigen Innovationsprozesse über den öffentlichen Sektor ankurbeln und halten dazu eine "massive Verstärkung der staatlichen Förderung" für "zwingend erforderlich". Die Kooperation von Firmen mit Universitäten und Forschungseinrichtungen läge hierzulande immer noch unter einem mit Ländern wie den USA vergleichbaren Niveau. Das BMBF sollte seine Aktivitäten auf die Schwerpunkte "Verbesserung des Software-Reifegrades", Grundlagenforschung zur wissenschaftlichen Fundierung der Softwaretechnik in Schlüsselbereichen wie Safety, Security, Methodik, Werkzeuge und Modelle sowie auf das Experimentieren mit innovativen Konzepten konzentrieren. Als thematische Schwerpunkte nennt die Studie Embedded Software in Automobilen und Mobilfunkanwendungen, Software in Versicherungen, Gesundheitswesen und Logistik sowie Software für produktbegleitende Mehrwertdienstleistungen – etwa Verkehrsleitsysteme für Fahrzeuge. (Richard Sietmann) / (prak)