Automatisch schärfer! AF-Systeme im Vergleich

Die automatische Scharfstellung gehört zu den Selbstverständlichkeiten einer modernen Kamera, der altbewährte Phasen-Autofokus gilt hier immer noch als das Maß aller Dinge. Doch sein hochkomplexer Aufbau ist anfällig. Wir schauen uns die Funktionsweise des Phasen-AF genauer an und werfen einen Blick auf modernere Methoden der Scharfstellung, die beispielsweise in spiegellosen Systemkameras werkeln.

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Lesezeit: 23 Min.
Von
  • Ralph Altmann
Inhaltsverzeichnis

Konica brachte 1977 mit der C35 AF die erste Kompaktkamera mit Autofokus (AF) auf den Markt. Die damals revolutionäre automatische Scharfstellung hatte eine Erfolgsgeschichte. Sie hat seitdem nicht nur das Fotografieren für Millionen von Amateuren vereinfacht, sondern ganze Teilgebiete der professionellen Fotografie überhaupt erst geschaffen. Sport-, Wildlife- und Actionfotografie sind ohne die automatische Scharfstellung kaum mehr vorstellbar. Überall dort, wo es auf das Einfangen schneller Bewegungen ankommt, leistet der Autofokus unschätzbare Hilfe. Das gilt natürlich insbesondere dann, wenn man mit großen Blendenöffnungen und der daraus resultierenden geringen Schärfentiefe arbeitet.

Es gibt zwei prinzipiell unterschiedliche Verfahren, eine scharfe Abbildung auf dem Film oder Sensor einer Kamera zu erhalten: Man kann die Entfernung von der Kamera zum Motiv messen, das Objektiv entsprechend einstellen und darauf vertrauen, dass dies zum optimal scharfen Bild führt. Oder man sieht sich nur das Bild an und versucht, durch probeweises Ändern der Fokussierung den höchsten Detailkontrast (das ist gleichbedeutend mit größter Schärfe) zu erzielen. Über die Entfernung zum Motiv muss man dabei nichts wissen. Frühe Kameras mit Autofokus setzten teilweise auf die aktive Entfernungsmessung. Die aktive Entfernungsmessung ist mit Ultraschall, Infrarot- oder Laserlicht möglich. Die Polaroid-Kameras in den frühen 1980er Jahren haben beispielsweise per Ultraschall-Laufzeitmessung scharfgestellt. Die aktive Entfernungsmessung spielt bei gängigen Fotokameras heute allerdings keine Rolle mehr. Heute dominieren passive Messmethoden den Markt. Die beiden führenden Methoden waren über lange Jahre der Phasenvergleich und die Kontrastmessung. Ältere Digitalkameras setzen entweder auf die eine oder auf die andere Methode. Bei modernen Kameras ist gelegentlich auch eine Kombination beider Verfahren im Einsatz. Der Phasenvergleich galt lange als die zwar schnellere, aber dafür unpräzisere Methode. Sie wird wegen der hohen Kosten und der technischen Komplexität - sie braucht separate AF-Sensoren - vorwiegend in DSLRs eingesetzt. Schon frühe analoge SLRs wie die Minolta 7000 setzten auf den Phasenvergleich als Messmethode. Selbst in modernen DSLRs ist die klassische Phasenmessung immer noch anzutreffen.

Der Phasen-AF erfasst mit zwei versetzt angeordneten Sensoren Licht aus möglichst weit auseinanderliegenden Abschnitten des Objektiv- Strahlengangs. Die Konstruktion mit mehreren Spiegeln und Linsen ist mechanisch kompliziert und erfordert viel Platz im Kameragehäuse.

Die Kontrastmessung war hingegen zu analogen Zeiten nicht möglich. Hier werden die Informationen nämlich direkt auf der Bildebene ausgewertet. Der Kontrast-Autofokus wird typischerweise in spiegellosen Systemkameras eingesetzt. Weil sie auf den Spiegelkasten verzichten, ist für einen Phasen-AF in diesen Kameras auch gar kein Platz. Inzwischen ist diese Methode zumindest im Live- View-Modus auch in DSLRs anzutreffen. Ein Vorteil der Kontrastmessung besteht darin, dass gegenüber dem Phasenvergleich Fehlfokussierungen weniger wahrscheinlich sind. Bei der Fokusgeschwindigkeit ist der Kontrast- AF dem Phasen-AF in der Regel aber unterlegen. In der Praxis hängt es natürlich von vielen weiteren Faktoren wie beispielsweise dem Motiv oder dem jeweiligen Objektiv ab, ob eine Kamera mit Phasen-AF tatsächlich schneller scharfstellt.